Kolba H. Judit: Liturgische Goldschmiedearbeiten im Ungarischen Nationalmuseum. 14.-17. Jahrhundert. (Catalogi Musei Nationalis Hungarici. Series Mediaevalis et Moderna 1; Budapest, 2004)

KATALOG - GEGENSTÄNDE AUS PROTESTANTISCHEN KIRCHEN

Zeilen zwischen Blattranken die Inschrift: „Haec a Somogio res sunt congesta Ioanne Dum fuit in studys mens vigillare bonis Javriny Anno 1594" (Diese Dinge - d.h. die Becher - trug János Somogyi zusammen, während sein Verstand in guten Wis­senschaften wachte, in Győr 1594). Er spricht von den Dingen in der Mehrzahl, weil der Becher ein Stück einer ineinander gesteckten Becherserie ist. Der Text hängt nicht mit der Schenkung zusam­men, das Objekt dürfte als ein Geschenk einer welt­lichen Person in den Besitz der reformierten Kirche gekommen sein. Literatur: Ausstellung 1994, 97, Nr. 2; Ausstel­lung 1998, 41, E/l 141. DECKELHUMPEN Abb. 141 1916.51.1. Körmöcbánya (Kremnica, SK) evangelische Kirche 1595 H: 21,5 cm; F-Dm: 12,3 cm; M-Dm: 9,5 cm Erwerb: durch Ankauf von der evangelischen Kir­che in Körmöcbánya. Die Akten sind unvollstän­dig: Ig. 152-916 und ad Rln.278-916. Silber, vergoldet, getrieben, gegossen. Der runde Fuß steht auf einem ausladenden, mit Eierstab­muster geschmückten Rand. Der Körper des Hum­pens verjüngt sich leicht nach oben, ist fast zylin­drisch. Unten und unter dem Mundrand läuft eine Fruchtgirlande rundherum. In der Mitte mit ovalen Bändern umrahmte und von Muscheln geschlosse­ne Schilde, darin in Treibarbeit die symbolischen Figuren der acht Tugenden, einander ähnelnde Frau­en in weiten, von Gürteln zusammengehaltenen Ge­wändern, die nur auf Grund ihrer in den Händen gehaltenen Attribute zu unterscheiden sind. Rechts vom Henkel des Humpens: 1. Mut bzw. Kraft (For­titudo) mit einem abgebrochenen Stück einer Säule in der Rechten, mit der Linken lehnt sie sich an den Säulenstumpf. 2 Klugheit (Prudentia) mit ihren At­tributen, in der Rechten eine sich windende Schlan­ge, in der Linken ein Spiegel. 3. Mäßigkeit (Tem­perantia), die aus dem Krug in ihrer Rechten Wasser in den in der Linken gehaltenen Becher gießt, der den Wein enthält. 4. Glaube (Fides) mit einem Kelch in der Rechten, in dem eine Flamme brennt, und einem Kreuz in der Linken. 5. Hoffnung (Spes) mit nach oben gerichtetem Gesicht, die Hände gefaltet, daneben ein Anker. 6. Es ist nicht ganz verständ­lich, warum dieses Bild in die Reihe der abgebilde­ten Tugenden kam: Die Figur hält mit den Händen eine zweireihige Kette vor sich, bei den Füßen sitzt ein Löwe, in der Rechten ein spiegelähnlicher Ge­genstand. Vielleicht soll auch sie Kraft und Mut symbolisieren, doch ist es unverständlich, warum auf demselben Gefäß eine der Tugenden zweimal vorkommen sollte. 7. Liebe (Caritas) mit einem Kleinkind auf dem rechten Arm, ein stehendes Kind klammert sich an ihre linke Hand - ein Hinweis auf die Mutterschaft. 8. Die Gestalt steht unter dem Hen­kel des Humpens, mit dem Rücken nach außen, et­was nach rechts gewandt: in der linken Hand eine Waage, in der rechten ein flammenähnliches Schwert haltend: die Insignien der Tugend Gerechtigkeit (Ju­stitia). Der Henkel des Humpens ist gegossen, mit einer Herme geschmückt, auf dem Kipper eine Frau­enfigur mit zwei Kindern. Auf dem Deckel wech­seln sich Cherubsköpfe mit Fruchtbündeln ab. Ganz oben hält ein gegossener kniender Engel einen Schild vor sich, darauf in einem Volutenrahmen die Jahres­zahl 1595, in der Mitte der Buchstabe „W", darunter ein oberflächlich bearbeitetes Wappenbild mit sich aufbäumenden Löwen und zwei Lanzen. Dieses Wappen ist schwer zu identifizieren, da es aus der Zeit stammt, in der die Wappen ihre einstige he­raldische Rolle bereits verloren hatten und ihre Dar­stellungen nur noch auf die einstigen strengen heral­dischen Regeln hinweisen. Die Erscheinung der Tu­genden auf dem Humpen ist eine charakteristische Dekorati on s form, der wiederauflebende mittelalter­liche Musterschatz wird in der Kunst der Renaissance neugestaltet. Auf Gegenständen der Goldschmiede­kunst findet sich diese ikonografische Bilderreihe eher im 16. und 17. Jh. Eigentlich verbinden sich die vier antiken Kardinaltugenden Gerechtigkeit, Klug­heit, Mäßigkeit und Mut bzw. Kraft mit den drei theo­logischen Tugenden; mit Glaube, Liebe und Hoff­nung zusammen bilden sie eine Serie; die achte, die Demut, fehlt oft in den Darstellungen. Literatur: DIVALD 1910, 239-241; Ausstellung 1983,26, Nr. 267; H. KOLBA 2000, 83-86. Über die Tugenden: Lexikon 1986, 83 142.POKAL Abb. 142 1903.99. Nagydobrony (Velikaja Dobrony, UA) reformierte Kirche Ende 16. Jh. H: 25,6 cm; F-Dm: 12,2 cm; M-Dm: 11 cm

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