KOZÁKY ISTVÁN: A HALÁLTÁNCOK TÖRTÉNETE III. / Bibliotheca Humanitatis Historica - A Magyar Nemzeti Múzeum művelődéstörténeti kiadványai 7. (Budapest, 1941)

IV. Der germanische Toten-Tanz

- 137 ­ren Sagen wird der Tod von hislorisch bekann­ten Personen, die in der Sage mit ihrem wirk­lichen Namen genannt werden, geprellt. In die­sen Sagen erreicht der Mensch — wie auch im Märchen vom „Gevatter-Tod" — den Besitz dreier Zauberkräfte, die er dann gegen den Tod ausnützt. So z. B., wenn sich jemand auf den Stuhl des spitzfindigen Schneiderleins setzt, kann er solange nicht vom Stuhl aufstehen, bis die­ser es nicht wünscht. Oder wer auf den Kir­schenbaum des Bauern klettert, kann solange nicht wieder herunterkommen, bis dieser es ihm nicht erlaubt Wer in seinen Schnappsack greift, kann seine Hand solange nicht wieder be­freien, bis es der Besitzer des Sackes nicht zulässt. Wenn also der Tod den Menschen holen will, wird er von diesem überredet, auf den Kirschenbaum zu klettern und für ihn eini­ge Kirschen auf den langen Sterbeweg mitzu­bringen, währenddessen er sich auf das Ende gehörig vorbereitet. Der Tod — der hier, wie in manchen Sagen der Teufel, genarrt wird — glaubt dem schlauen Schneiderlein oder dem Schmied, klettert auf den Kirschenbaum, kann aber nicht mehr herunter. Jetzt verprügelt ihn der Mensch, sodass er versprechen muss, nie­mehr zu ihm wiederkehren zu wollen. Der Tod sendet jetzt den Teufel. Dieser ist aber noch ungeschickter und schaut in den Zauberspiegel. Er kann sich aber nicht mehr vom Platz be­wegen und wird vom Menschen auch verprü­gelt. Die verschiedenen Sagenvarianten spre­chen 1 von einem Schneider, von einem Schmied in Eisenberg (bei Komotau in Böhmen), von einem Schmiede in Mitterbach (Schönwald in Mähren), von einem Zigeuner und von einem Zauberer in Island, Thorleifr Thordarson (t 1647), der trotz seiner Zauberkünste vom Tod zuletzt doch überlistet wurde. Ahnlich sei es einem Schmiede in Jüterbogk zur Zeit Kaiser Fried­richs II. ergangen. Die Todesgestalt erschien 161! oder 1629 in Toggenburg, in der Umgebung von Gupfen auch in weiblicher Gestalt. Nachts sah man „ein weisses Fräuli" in mehreren Häusern der Ge­meinde Henau die Türschwelle mit einem weis­sen Besen emsig kehren. Aus ihrem Besen stieg ein weisser Rauch, durch den sich die Pest ver­breitet hat. 2 Ein merkwürdiger Reichtum an seltenen motivgeschichtlichen Einzelzügen tritt uns aus manchen ungarischen Märchen entgegen. Die fünf Bände der interessanten Märchensammlung von Benedek Elek 3 gewährt uns einen Einblick in die seltsame Denkungsart dieser uralten Märchen. Vor allem möchte ich darauf hinweisen, dass in der ungarischen Märchenwelt auch die 1 Henne-am Rhyn : Nr. 683—699. 2 Henne-am Rhyn : Nr. 667. 3 Vgl. Magyar mese- és mondavilág. Ezer év me­"seköltése. Benedek Elek. Budapest 1901. Athenaeum. Un­garische Märchen- und Sagenwelt. Die Märchendichtung von tausend Jahren, hg. von Benedek Elek. 5 Bde. Sage voni toten Bräutigam eine interessante Er­weiterung erlebt 4 Der Bräutigam eines verwaisten Mädchens zieht in den Krieg. Nach zwei Jahren kehrt alles wieder heim. Die Dorfburschen bringen die Nachricht vom Tode des Bräu­tigams. Aber das Waisenkind gibt die Hoffnung auf seine Wiederkehr auch jetzt noch nicht auf. Nach zehn Jahren klopft jemand am Fenster. Der Bräutigam erschein auf einem weissen Rosse, weiss gekleidet, mit einer weissen Kappe und ladet das Mädchen in das Reich ein, wo er schon seit zehn Jahren lebt. Die Braut steigt willig hinter ihn in den Sattel und als sie das Dorf verlassen, gesellt sich zu ihnen eine ebenfalls weiss gekleidete Reitergruppe von zehn Soldaten und der Bräutigam stellt der Braut die in dieser Totensage übliche Frage : Jaj de szépen süt a hold, Megyen egy élő, s egy holt. Félsz-e, angyalom ? 5 Aber die Braut fürchtet sich nicht, obwohl sich diese Szene und die Frage noch zweimal wiederholt. Sie gelangen in einen Kirchhof, alle Gräber sind offen, das inzwischen sehr angewachsene Geleite, das Gefolge von zahlreichen toten Soldaten springt in die einzelnen Gräber und auch der Bräutigam bleibt vor einem Grabe stehen und sagt, dies sei seine Wohnung. Das Mädchen erkennt erst jetzt voll Entsetzen, dass ihr Bräutigam ein Toter sei und erklärt, der Bräutigam möge vorausgehen, da er den Weg besser kennt. Währenddessen sich aber der Tote in das offene Grab legt, entflieht die Braut und gelangt zu einer verlas­senen, schwarzen Burg. Sie tritt ein und findet in einem grossen Saale einen aufgebahrten Toten. Sie versteckt sich aus Furcht hinter dem Kachelofen. Der tote Soldat verfolgt die Fliehende bis zur Tür des Saals und als er diese von innen geschlossen findet, ruft er dem aufgebahrten Toten zu, er möge seinem toten Kameraden zu Hilfe kommen und die Tür öffnen. Nach einem dreimal wiederholten Ruf erwacht dieser, öffnet die Tür und verrät dem Eindringling das Versteck der entsetzten Braut. Da kräht aber auch so­gleich der Hahn, die beiden Toten verschwinden und die düstere Finsternis weicht einem himmlischen Glanz, der den ganzen Saal erhellt. Die Tür öffnet sich abermals und es tritt ein Prinz herein und eilt geradeaus dem erstaun­ten Mädchen entgegen. Er bedankt sich dafür, dass die Waise ihn von diesem aufgebahrten Toten befreit hat, den er zwar 365-mal festlich begraben Hess, der aber jedesmal zurückkehrte, um ihn zu bedrängen. Der Prinz heiratet seine Retterin. Noch bedeutungsvoller ist das Märchen über das Land der Unsterblichkeit. 6 Sowie auch das Märchen vom toten Bräutigam der uralten ungarischen Weltanschauung entsprechend ei­nen befriedigenden Schluss erhielt, so muss auch in diesem Märchen der traurige Königssohn, der sich nach Unsterblichkeit sehnt, sein Ziel trotz der Übermacht des Todes erreichen. Als er sich nach dem Königreiche der Unsterblich­keit auf den Weg macht, trifft er vorerst einen himmelho­hen Baum, in dessen Wipfel ein übergrosser Adler den Baum umzuwerfen und zu entwurzeln bestrebt ist. Der Königssohn erfährt vom Adler, dass er ein König sei, dem es auferlegt wurde, diesen mächtigen Lebensbaum umzu­stossen. Aber dies wird ihm nur in 600 Jahren gelingen, bis dorthin ist er, sowie seine ganze Familie unsterblich. Als sich der Königssohn mit dieser zeitlich begrenzten Unsterblichkeit nicht zufrieden gibt, erhält er von der Toch­ter des Adlerkönigs eine Schachtel, in welcher sich das Abbild ihres Gesichtes befindet. Betrachtet er dieses Bild, 4 Vgl. Benedek, a. a. 0. Bd. IV. S. 234 ff. 5 Wie schön scheint der Mond, Es reitet (geht) eine Lebende und ein Toter, Hast du Furcht, mein Engel ? 6 In demselben Bande der Märchensammlung von Benedek, S. 45 ff.

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