KOZÁKY ISTVÁN: A HALÁLTÁNCOK TÖRTÉNETE III. / Bibliotheca Humanitatis Historica - A Magyar Nemzeti Múzeum művelődéstörténeti kiadványai 7. (Budapest, 1941)

IV. Der germanische Toten-Tanz

-138­so kann er überallhin so schnell versetzt werden, wie schnell nur der Gedanke fliegen kann. Auf der weiteren Wanderung gelangt der Königssohn zu einem himmelho­hen Berg, den ein königlicher Mann mit Schaufel und Karre abzutragen verpflichtet ist. Diese Aufgabe erfüllt er aber erst in 800 Jahren, währenddessen er und die Seini­gen nicht sterben werden. Aber buch die 800 Jahre sind dem unsterblichkeitssüchtigen Jüngling zu wenig. Von der Tochter des mit Schaufel und Karre arbeitenden Königs erhält er wieder ein Geschenk : einen goldenen Ring, mit dessen Hilfe er jederzeit dort sein kann, wohin er nur ge­langen will. Schliesslich erreicht der Königssohn die Stadt des „blauen Königs" am Ende der Welt. Die Tochter die­ses Königs näht emsig und zeigt ihm einen grossen Saal voll der winzigen Nähnadeln, die sie alle noch mit ihrer Nähterei abnützen, abwetzen und zerbrechen muss. Dies wird aber erst in 1000 Jahren geschehen. Sich auch von dieser Königstochter verabschiedend erhält der Prinz einen goldenen Stab, der sich jedesmal in das verändert, in was er ihn zu verwandeln wünscht. Nun erreicht der Königs­sohn eine Burg über einem Flusse, die behilfs einer Kette vom Himmel herabhängt. Er lässt seinen Stab in eine goldene Brücke verwandeln und tritt ein. Die Königin der Unsterblichkeit wohnt in dieser Burg und der Königs­sohn fühlt sich hier tausend Jahre wohl aufgehoben. Nun aber plagt ihn das Heimweh. Er möchte seine Eltern wie­dersehen. Er bekommt eine goldene und eine silberne Flasche, mit dem Wasser der Unsterblichkeit in der gol­denen und mit dem Trunk des Todes in der silbernen. Auf seinem Rückwege erweckt er die drei Könige und ihre Töchter zum neuen Leben und als er an der Stelle der Burg seines Vaters nunmehr einen schwefeligen Teich fin­det und ihm von einem alten Mann in einem höhlenarti­gen Grabgewölbe das Grabmal seiner Eltern gezeigt wird, will er soeben auch seine Eltern aus den Banden des To­des befreien. Da erscheint aber hinter ihm der „alte Tod" und will seine Macht auch über den flüchtigen Königs­sohn walten lassen. Dieser aber dreht seinen Ring um, fliegt, wie der Gedanke so schnell, in die Burg der Un­sterblichkeit zurück, wird aber im Tore der Burg trotzdem vom Tode an einem Fusse festgehalten. Von innen aber ergreift ihn die Königin der Unsterblichkeit und zieht ihn hin­ein. Endlich muss der Tod nachgeben, aber nur unter der Bedingung, dass die Königin der Unsterblichkeit den Königssohn bis zum siebenten Himmel in die Höhe schleu­dert, und wenn er ausser der Burgmauer auf die Erde zurückfällt, so gehört er dem Tode an, wenn er aber innerhalb der Burgumzäunung herabstürzt, so bleibt er in dem Reiche der Unsterblichkeit. Von der Königin empor­geschleudert fliegt der Königssohn bis in den siebenten Himmel, fällt aber vor der Königin wieder zurück und der geprellte Tod wartet seitdem ausserhalb der Burgmauer umsonst auf seine Beute. Dieses Märchen ist eines der altertümlich­slen der genannten Sammlung und kann — nach dem Zeugnis der neuesten finnisch-ugri­schen mythologischen Forschung als ein letzter Rest der altugrischen mythologischen Auffassung betrachtet werden. Die Betrachtung des Bildes eines unsterblichen Wesens verleiht eine Schnel­ligkeit. welche nur mit jener der Gedanken ver­gleichbar ist, — eine späte Reminissez des ural­ten „Gottes der menschlichen Gedankenwelt". Der himmelhohe Baum ist der „Lebensbaum der Menschheit", der Ring ist das Symbol des „Tatengottes", des Gottes der menschlichen Ar­beit, dessen Kraft der Wille ist . . . Endlich soll der goldene Stab, ein merkwürdiges Wunschding, das Symbol des „Wanengottes", des einstigen Gottes der Sehnsucht, der menschlichen Wün­sche und Gefühle sein. Die Burg hängt an einer Kette vom Himmel herab, wie auch der höchste Gott der Vogulen alles vermittels einer Kette vom Himmel auf die Erde herablässt. Eine ganz eigenartige Variante der Todes­geschichten zeigt uns das Märchen „Der Tod" in der Benedek'schen Sammlung. 1 Der Tod er­scheint hier in einer gütigen Gestalt. Die Ge­schichte stammt überhaupt noch aus einer Zeit, wo noch Barmherzigkeit im Herzen des Todes lebte — sagt das Märchen. Eine wunderschöne Witwe gab einem engelschönen Zwillingspaar das Leben. Aber der Liebe Gott beschloss, dass die schöne Witwe sterben muss. Er schickte zu ihr den Tod. Der Tod flog, wie der Gedanke, so schnell in das Haus der Witwe, als er sie aber erblickte und sah, mit welcher Liebe sie die beiden stillte und als er die beiden goldblonden Köpfchen betrachtete, erwachte in sei­nem Herzen das Mitleid und kehrte unverrichteter Dinge in den Himmel zurück. Als ihn Gott um die Ursache fragte und er bekannte, dass er die Richtigkeit der Ratschlüsse der Vorsehung bezweifelte, schickte ihn Gott auf den Meeres­grund und befahl ihm, einen Stein heraufzuholen. Als dies der Tod erfüllt, muss er den Stein entzwei schlagen und findet darin einen lebendigen Käfer. Auf die Frage, wer für dieses kleine Tierlein sorgt, kann der Tod nur die un­endliche Macht der Vorsehung Gottes preisen, eilt aber auch gleich zur schönen Witwe, bringt ihre Seele in den Himmel und überlässt die beiden Zwillinge der Vorsehung. Zur Strafe für seinen Unglauben muss aber der Tod dreis­sig Jahre den Himmel meiden, auf der Erde wandern und hat während dieser Zeit keine Macht über die Menschen. Auf seinen Wanderungen, — als er schon dreissig Jahre als ein Bettler auf der Erde lebte, da er keinen Dienst bekom­men hat, — ereilt ihn im Walde ein Sturm. Er verkriecht sich in einen hohlen Baum. Dort schläft er ein. Und als er er­wacht, ist der Himmel wieder heiter, die Sonne brennt und er sucht an einer Quelle Labung. In den Wald zurück­gekehrt erblickt er eine vornehme Kutsche, aus welcher ein Reicher aussteigt, um sich bei der Quelle zu erfrischen. Währenddessen er trinkt, fällt seine Geldbörse in das Was­ser, ohne dass er es bemerkt hätte. Nachdem sich die Kutsche wieder entfernte, kommt ein armer Wanderer, will ebenfalls trinken, findet die Börse und entflieht. Das sieht der Tod in seinem Versteck. Dann kommt aber auch ein armer Holzmeier zur Quelle, will trinken, wird aber vom zurückgekehrten Reichen angehalten, der von ihm seine verlorene Geldbörse zurückverlangt. Da der Holzhacker von garnichts weiss, wird er vom Reichen verprügelt, so­dass er halbtot am Boden liegen bleibt. Der Tod reicht ihm Wasser und wäscht ihm die Wunden aus. Dann eilt der Tod in das nächste Dorf und verdingt sich beim Rei­chen. Er wird sein Kutscher, da er den alten Kutscher ent­liess. Bei der ersten Gelegenheit, als der Reiche mit dem neuen Todes-Kutscher in die Stadt fahren will, begegnen sie einer alter Bettlerin, welche auf einem umgekehrten Tongeschirr sitzt. Der Tod lacht und der Reiche kann sich nicht vorstellen, warum. Da fährt an ihnen ein vornehmer Wagen vorüber, in dem zwei vornehme, junge Männer Platz nehmen. Auch diesmal lacht der Tod scheinbar oh­ne Grund. Dann kauft sich der Reiche ein Paar Stiefel und der Tod lacht auch das'drittemal. Abends nach Hause ge­kehrt erklärt dann der Tod, warum er dreimal gelacht hätte. Die alte Bettlerin sass auf dem Tongeschirr, in welchem sich das gestohlene Geld des Reichen befand, die beiden Herren waren die zwei Zwillinge, die von der Mutter zwar verlassen, aber von Gott reichlich versorgt wurden, der eine ist ein Arzt, der andere ein Professor geworden. Und das drittemal lachte der Tod, weil er wusste, dass der Reiche die neugekauften Stiefel nicht mehr abtragen wer­de, da die dreissig Jahre der Strafe des Todes schon ab­gelaufen sind, und er, der Tod, den Reichen sofort in die Hölle tragen wird, um ihm die Prügel, welche er dem un­schuldigen Holzhacker gab, reichlich heimzuzahlen. Ich wiedergab den Inhalt dieses Märchens, um zu zeigen, wie eigenartig diese Motive in der ungarischen Märchenwelt auch heute noch weiterleben. Es bleibt mir nur noch übrig zu • Vgl. ebenda Bd. IFI, Hälfte S. 204 ff.

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