Markója Csilla szerk.: Mednyánszky (A Magyar Nemzeti Galéria kiadványai 2003/2)

László Mednyánszky im Spiegelbild kunstwissenschaftlichen Schrifttums: wissenschaftliche und kulturhistorische Beiträge - Tünde Császtvay: Garküche, Kothurnen und Horner. Versuche eines Mäzenatentums zur Rettung der Nation und Seele Ungarns um die Wende des 19. Jahrhunderts

Es ging also direkt darum, dass alle Bedingungen im Kuhhandel zwischen Künstler und Verlag den Verlag unterstützten und verteidigten, indirekt aber darum, ob ein Geschäftssystem geschaffen werden kann, in dem ungarische Schriften, Musik- und Kunstwerke in der Lage sind, ihren zahlungskräftigen Kundenkreis zu finden. In dieser Zeit galt in Ungarn nämlich praktisch keinerlei institutionalisiertes Urheberrecht, da die jahrzehn­telangen Versuche, eine rechtliche Regelung herbeizuführen, nacheinander erfolglos blieben. Die Frage der Regelung des Urheberrechtes kam zwar bereits ab den 30er Jahren des Jahrhunderts, seit 1867 sozusagen sogar als Tagesproblem zum Vorschein, bis zu seiner Kodifizierung im Jahre 1884 tat sich auf diesem Gebiet jedoch nichts wirklich Erwähnenswertes. 16 Die Praxis sah so aus (und hier werden nur die für die Sache wichtigen Merkmale hervorgehoben), dass der Verlag - im Sinn eines alten kaiserlichen Patentes 17 - nach der ungarischen Herausgabe ausländischer Werke außerhalb des Habsburgerreiches nicht verpflichtet war, irgendwelche Tantiemen zu zahlen. Mit einem lebenden ungarischen Autor musste der Verlag jedoch eine Vereinbarung treffen, konnte allerdings in Wahrheit beliebige Bedingungen stellen. So konnte leicht eine Situation eintreten, dass die Verlage von kostengüns­tigeren Lösungen Gebrauch machten, 18 also die „aus Fremdsprachen übersetzten zeitgenössischen Bestseller und Boulvarpublikationen" bevorzugten, die ohne Autorenhonorar publiziert werden durften und es weiter vermieden, Werke von lebenden ungarischen Schriftstellern herauszugeben. Der strategische Bedeutung tragende Artikel Jókais gilt im übrigen auch als Eingeständnis jenes ungesegneten Zustandes, dass die ungarischen Schriftsteller mangels Geldes und eines infolge des veränderten literarischen Lebens unerlässlich gewordenen Geschäftssinnes - aus dem ungarischen Romanvertriebssystem hinausge­drängt wurden und werden. Neben einer Einschätzung der Lage sondierte Jókai die Öffentlichkeit von Literatur, Journalismus und Kunstliebhabertum in Bezug darauf, ob überhaupt und wenn, aus welcher Richtung mit ungari­schen Werken in geschäftlich erfolgreiche Unternehmen eingestiegen werden könnte. Ein anonymer Feuilletonist von Egyetértés beeilte sich sofort - ebenso wie die übrigen zeitgenössischen Blätter - dem 1880er Osterbeitrag Jókais Kommentare hinzuzufügen, wobei er an erster Stelle erwähnte: „Ein herausra­gender Maler oder Musiker kann die einheimischen ungünstigen Verhältnisse vermeiden und ins Ausland gehen, um Karriere zu machen: der ungarische Schriftsteller kann in der fremden Luft nicht leben, denn er weiß, dass er kaum auf einen Verlag hoffen kann." 19 Es ist bei weitem kein Zufall, dass ich aus dem eine kleinere Bibliothek füllenden Material einer mehrere Jahre währenden Diskussion gerade dies herausgestellt habe. Der Feuilletonist von Egyetértés spürte, verstand und ließ ganz genau erkennen, mit welch ähnlichen Problemen die Literatur, die bildende Kunst und die Musik - zumindest in dieser Hinsicht - zu kämpfen haben, aber auch, dass am ehesten die Literatur - wegen ihrer Bindung an die ungarische Sprache - durch die Landesgrenzen eingeschlossen ist. So war es für die ungarischen Meister der bildenden Kunst und der Musik weit weniger eine Notwendigkeit, am platzver­drängenden Ringen im heimischen Massenproduktionssystem teilzunehmen. Es eröffneten sich ihnen relativ weite Chancen, sie konnten in einem größeren Raum nach Möglichkeiten einer Karriere und des Lebensunterhaltes suchen. Die darauffolgenden Jahre waren für den „Literatur organisierenden" Jókai die Epoche großer Unternehmungen. Lange Jahre mangelte es bei ihm nicht an Ideen. Pläne zahlreicher Versuche 20 von ihm - manche als „Retter der Nation" etikettiert - entstanden und scheiterten innerhalb kürzester Zeit. Es gab einige, in denen er testen wollte, ob das ungari­sche Literaturleben, die Gesellschaft der ungarischen Schriftsteller dafür geeignet und stark genug sind, aus eigener Kraft, durch Selbstorganisation an Geld zu kommen, um ihre Ziele zu erreichen. Es gab welche, in denen er Verlagen, Geschäftsleuten und aristokratischen weiblichen Lesern den Hof machte, ob sie gewillt wären, bei den Problemen des radikal verän­derten, der Wirtschaftslage und dem Geschäft immer mehr ausgeliefer­ten literarischen Lebens für Abhilfe zu sorgen, d. h. Unterstützung von Mäzenen und Sponsoren in ausreichender Menge zu gewährleisten. Es gab wiederum Ideen, in denen er den Plan einer Gesellschaft zur Förderung der Belletristik aufwarf, als er die Anomalien beim Vertrieb reformie­ren wollte, oder er umriss ein Ausschreibungssystem oder die Idee der Gründung eines eigenen schriftstellerischen Verlages. Er experimentierte mit individuellen Methoden - im Bund mit Gesellschaften, Salons, Organisationen und Finanzexperten aber keine zufriedenstellende Lösung finden. Das einzige kurzlebige Unterfangen war die Groschenromanserie zur Volkserziehung unter dem Titel Jó könyvek a magyar nép számára [Gute Bücher für das ungarische Volk] die in die Praxis umgesetzt wurde und in gewisser Hinsicht von Erfolg gekrönt war und letztendlich ebenfalls aus staatlichen Quellen finanziert wurde. Diese staatlich subventionierte und direkt auf Intervention von Kultusminister Ágoston Trefort unterstützte Groschenromanserie erreichte ihr Ziel zwar nicht - nämlich die seelenvergiftende Wirkung der wahren Billigliteratur zu mäßigen - war in der Tat aber deshalb sehr aufregend, weil die Publikationsserie unter dem Namen Jókais jene Schriftsteller, Dichter und Maler der Epoche versammelte, die ansonsten (zumindest in dieser Zeit) von der akademischen Literatur noch nicht angenommen wurden. Autoren der Hefte waren u. a. Jókai selbst, János Vajda, Kálmán Mikszáth, Gyula Reviczky, Károly P. Szathmáry, Gyula Rudnyánszky und unter den Zeichnern der Illustrationen findet man Árpád Feszty und László Mednyánszky. 21 Die größtenteils illusorischen und HOCHTRABENDENEN Pläne von Jókai scheiterten einer nach dem anderen, waren dennoch nicht vergebens, vor allem deshalb, weil durch sie in den 1880er Jahren das Thema der Probleme ungarischer Künstler ständig an der Tagesordnung war. Und da er als einer der populärsten, bekanntesten und konnte Mór Jókai, Zsigmond Justh und Kálmán Mikszáth im literarischen Salon von Gr. Albin Csáky (Magyar Szalon, 16, 1892. 455)

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