G. Szende Katalin – Szabó Péter szerk.: A magyar iskola első évszázadai = Die Ersten Jahrhunderte des Schulwesens in Ungarn : 996-1526 (Győr, 1996)

TANULMÁNYOK - Gyulai Éva: Docta manu - placibilia opera (Művészeti nevelés a középkorban)

GYULAI ÉVA Bildhauerei - Malerei als Künstlerberufe symbolisieren. Dieses Wappen stand Ende des 14. Jahr­hunderts am Grabstein des königlichen Malers Johannes ( MAGISTER JOHANNES PICTOR REGIS HUNGÁRIÁÉ), und der Kirchenmaler Johannes Aquila hat sich 1383 auf dem Wandgemälde der Kirche zu Mártonhely auch mit diesem Wappen porträtiert (Bild 1-2), aber auch die Goldschmiede von Kaschau gravierten sich im 15. Jahrhundert dieses Wappen in ihren Siegel ein. Von den Künstlerberufen im Mittelalter stehen die meisten Quellen über die Arbeit der Stein­metze und Baumeister zur Verfügung. In Ungarn haben ausländische Meister die neuen Bauver­fahren und Baustile verbreitet. Die Beziehung der Wiener Bauloge mit den Baustellen in Ungarn im 15. Jahrhundert ist bekannt. Unter zahlreichen Bauplänen werden an der Wiener Akademie der Künste u.a. auch die Baupläne des Doms zu Preßburg aufbewahrt. (Bild 3-4). Wir wissen, daß der Wiener Logenmeister Laurenz Spenning 1458 auf das Ersuchen des Rates der Stadt Preßburg einen Gesellen (ain geselln) zu den Bauarbeiten nach Preßburg schickte. Die Logen und die Maurerzünfte haben den Gesellen die Kunst des Bauens, die als Geheimnis behandelt wurde, selbst unterrichtet. Die Verfassung von Bauplä-nen sowie deren Interpretierung und der Unterricht des Planens blieb das Privileg der Zünfte und Logen. Im Statut der Maurerzunft von Klausenburg im 16. Jahrhundert hat man unter den Zunftmitgliedern die Steinmetze (lapicida), die einen Künstlerberuf (artem lapicidalem) ausübten, von den Maurern (murarius ) unterschieden, deren Beruf als "niedriger" (inferiore arte) angesehen wurde. Die Ausbildung der Steinmetze dauerte ein Jahr länger als die der Maurer. Die technischen und künstlerischen Neuigkeiten der bildenden Künste gelangten nicht nur durch die Tätigkeit fremder Meister in Ungarn, bzw. durch die Wanderungen und Reisen ungarischer Meister im Ausland. Auch die Vervielfältigungsgrafik trug dazu bei, Werke berühmter westeu­ropäischer Künstler in Form von Holz- und Kupferstichplatten - sie waren eigentlich die "Lehrbücher" und "Fachzeitschriften" der Zeit - zu verbreiten. Der anerkannte Holzbildhauer aus Leutscha, Meister Paul konnte das Tafelbild von Rogier van der Weyden, dessen Figuren er an einem Altar der Sankt-Jakob-Kirche von Leutscha (Bild 5-6) ausschnitzte, durch den Stich von Martin Schongauer kennenlernen. Das ehemalige Haus und die Werkstatt von Meister Paul in Leutscha, in dem heute ein Museum untergebracht ist, stellt nicht nur ein schönes Baudenkmal, eines der Bürgerhäuser von Nordungarn der Frührenaissance dar, sondern es ist der einzige, topographisch identifizierte Standort von Kunstwerkstätten und Schulen aus dem späten Mittelalter (Bild 7). In der Buchkunst des Mittelalters war die Illumination, die Buchmalerei ein selbständiger Beruf. In dem Missale der Goldschmiede von Vác nennt sich der Illuminator Johannes namentlich, seine Initiale, ein herausragendes Werk der mittelalterlichen Miniaturmalerei stellt den Schutzpatron der Goldschmiede Sankt Eligius mit Goldschmiedwerkzeugen dar (Bild 8-9). "Das Vermögen" einer Buchmalerwerkstatt bildeten die gesammelten Ziermotive mit immer mehr Motiven aus dem Aus­land, von denen die Mitglieder frei wählen konnten. Die Motivsammlung wurde nach einem Auf­enthalt im Ausland immer erweitert. Die einzelnen Werkstätten und Schulen werden in der kunst­historischen Stilkritik aufgrund der Größe ihrer Motivsammlungen bewertet. Eines der schönsten Werke der ungarischen Miniaturmalerei italienischer Prägung ist das Anjou­Legendarium. Auf einem Bild wurde sogar Sankt Lucas an seiner Schreibbank dargestellt (Bild 10), dem nach der apostolischen Tradition das erste Votivbild mit der Heiligen Maria und dem kleinen Jesus zugeschrieben wird. Das ungarische Anjou-Haus sizilianischer Herkunft hat im 14. Jahrhundert mehreren Wallfahrtsorten, unter anderem dem Aachener Dom und der Wallfahrtskirche zu Mariazell Ikone geschenkt, die Sankt Lucas zugeschrieben werden. Im Ungarn des Mittelalters war die Goldschmiederei eine der führenden Kunstarten. Im 14. Jahrhundert haben sich die Goldschmiede am Sankt Simeon silbernen Sarkophag zu Zára sich selb­st und ihre Wekstatt verewigt (Bild 11). Das Drahtemail war als Technik aus Ungarn/Siebenbürgen bekannt (Bild 12). In den freien königlichen Städten und in den Marktflecken haben sich die Goldschmiede oft in Zünfte zusammengeschlossen, so konnte diese Technik vom Meister auf Gesellen, oft vom Vater auf Sohn überliefert werden, wobei in der Ausbildung neben den münd­lichen Traditionen und den praktischen Berufskenntnissen auch die sogenannten "Kunstbücher" ­Musterbücher mit Ziermotiven und Techniken - als wichtige Hilfsmittel galten. Die Arbeit und der Unterricht in den mittelalterlichen Kunstwerkstätten hatte Dienschar akter, also das Werk war wichtig, nicht der Meister. Nicht die Kunstschulen haben berühmte Meister herangezogen, sondern die Künstler haben Schulen geschaffen, nicht institutionell, sondern durch ihre künstlerische und kulturelle Ausstrahlung .

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