Virág Árpád: A Sió és a Balaton közös története. 1055–2005 (KÖZDOK Kft., Budapest, 2005)
Ein geschichtlicher Überblick über die wechselseitige Beziehung zwischen dem Balaton und dem Fluss Sió (1055–2005)
540 EIN GESCHICHTLICHER ÜBERBLICK ... DEM BALATON UND DEM SIÓ (1055-2005) ökologisch bedenklichen Eingriff beurteilte. Die niederschlagsreicheren Witterungsverhältnisse der ersten vier Monate des Jahres 2005 zeigten, dass es sich beim Wasserdefizit des Balaton tatsächlich um ein zeitweilig auftretendes, vorübergehendes Phänomen handelt. Die nahezu 600 km2 große Wasseroberfläche des Balaton bietet ideale Voraussetzungen für die Schifffahrt, obgleich hierfür das seichte Südufer stellenweise durch Baggerungen vertieft werden musste, um Häfen anlegen zu können. 1846 wurde das erste Dampfschiff zu Wasser gelassen und damit der Grundstein für den Personen- und Güterverkehr auf dem Balaton gelegt. Zwanzig Jahre später, nach der Kanalisierung des Sió bzw. dem Bau der Sió-Schleuse konnte die Schifffahrt auch auf dem Sió zwischen Balaton und Simontomya aufgenommen werden, selbstverständlich nur während der Wasserableitungen und nur im beschränktem Maße. Der Schiffsverkehr erlebte nach dem Bau der Schiffsschleuse bei Siófok im Jahre 1947 einen großen Aufschwung, da nun auf dem Sió auch 1200 Tonnen schwere Schiffe von der Donau in den Balaton oder umgekehrt geschleust werden konnten. (Wenn in den Sió kein Wasser abgeleitet wird, wird auch der Schiffsverkehr auf dem Fluss eingestellt). Ebenso alt wie der Schiffsverkehr ist auch die Segelschifffahrt auf dem Balaton. Der erste Yachtverein wurde 1847 in Balatonfüred gegründet, die meisten Yachtclubs entstanden jedoch erst nach Errichtung der Siófoker Abflussschleuse und dem Bau des Siókanals, die eine Regulierung des Wasserstands ermöglichten und zur Entstehung von Feriensiedlungen am Südufer des Balaton führten. Die Idee der Wasserstandsregulierung entsprang in der ersten Hälfte des 19. Jh. dem Wunsch der Grundbesitzer, die versumpften Gebiete der am Seeufer und im Siótal liegenden Güter trocken zu legen, das Projekt hatte jedoch erst 1863 Erfolg, nachdem auch die Betreiber der am Südufer errichteten Bahnlinie an einer Wasserstandsregulierung interessiert waren. Mit der ersten und der zweiten, 1892 in Betrieb genommenen Sió-Schleuse bei Siófok konnte ein solcher Regulierungseffekt erzielt werden, dass am sandigen Rand des Südufers ein relativ breiter Streifen ständig trocken blieb und am Ufer langgezogene, für die Sommerbadesaison bestens geeignete Strandabschnitte entstanden. 1890-1891 wurde mit dem Ausbau von Siófok als Badeort begonnen, die erste ausgesprochen der Erholung dienende Siedlung wurde 1893 eröffnet. In den darauffolgenden zwei Jahrzehnten entstanden entlang des gesamten Südufers und an jeder geeigneten Stelle des Nordufers Sommersiedlungen mit Privatvillen, Hotels, Restaurants, Bade- und Strandeinrichtungen. Dieser durch die beiden Weltkriege zurückgeworfene Aufschwung setzte sich in den sechziger Jahren mit dem Bau von Feriensiedlungen am Ufer intensiver als je zuvor fort. Die dichte Besiedelung des Seeufers ging mit dem Ausbau und der ständigen Modernisierung von Schiffsanlegestellen, Uferschutzwerken, Straßen und weiteren infrastrukturellen Einrichtungen einher. Heute bilden die Erholungsgebiete am Ufer des Balaton einen beträchtlichen Teil des nationalen Reichtums und nehmen im Tourismus einen äußerst wichtigen Platz ein. So hat sich auch die Rolle der Wasserstandsregulierung des Balaton und die Kanalisierung des Sió grundlegend geändert. Heute dienen sie vor allem den Urlaubs- und Fremdenverkehrsinteressen, indem sie zu Hochwasserzeiten die Feriensiedlungen vor Überschwemmungen schützen und bei Niederwasser ein zu starkes Absinken des Wasserstandes des Sees verhindern.