Zeidler Miklós: Sportanlagen - Unser Budapest (Budapest, 2000)

Was ist eigentlich Sport? Heute würden wir sagen, Sport ist Spiel, Unterhaltung und immer mehr eine Art der Selbst­verwirklichung, ein Mittel der Hygiene und der Persönlich­keitsentwicklung, für viele eine Berufung, außerdem eine meistens friedliche Form des Wettstreits zwischen Menschen (Nationen), ein Spektakel, ja und natürlich ein Riesenge­schäft - sowie bisweilen Politik. Vor zweieinhalb Tausend Jahren hätte ein gebildeter Athe­ner Bürger im Zeichen der Kalokagathie (das Schöne und Gute in einem) eine ähnliche Antwort gegeben: Sport ist die Vervollkommnung von Körper und Geist um seiner selbst willen, beziehungsweise ein Forum für das Vorzeigen des Menschenideals und für das freudige Austragen der Wett­kämpfe. Für die Menschen der späteren Epochen jedoch - ganz bis zum 19. Jahrhundert - nahm der Kult von Kraft, Geschicklichkeit und Kampf immer rohere Formen an. Die komplexe Körperkultur der Antike und deren spektakuläre Einrichtungen (die olympischen und andere feierliche Spiele) gerieten für lange Zeit in Vergessenheit. Die Sportanlagen dieser Epoche - die Gymnasien, die Stadien und die Amphi­theater - verschwanden, wurden vernichtet oder blieben nur als Ruinen erhalten. Die Entfaltung der modernen Sportbewegung wurde eigentlich erst durch die Aufklärung sowie die geistig-poli­tische Theorie und Praxis der Demokratie ermöglicht. Es ist kein Zufall, daß der moderne Sport, das Prinzip der Fair­ness und des Fairplay - und eben auch diese Begriffe - gerade im England des 19. Jahrhunderts, in der Heimat der bürgerlichen Rechtsgleichheit, des politischen Libera­lismus und des freien Wirtschaftswettbewerbs entstanden, ln England, in dem es eine Aristokratie von großem Pre­stige und einen starken bürgerlichen Mittelstand gab, bot dieses alt-neue Ideal eine Möglichkeit des Sich-Beweisens für die adlige Mentalität, die auf dem Bewußtsein der Aus- erwähltheit und der Überlegenheit basierte, und für das auf seine harte Arbeit stolze bürgerliche Selbstbewußtsein. Im Ungarn das 19. Jahrhundert wurde England hoch geachtet. Es ist bekannt, daß Graf István Széchenyi während seiner Englandreisen sowohl zur Verbreitung verschiede­ner Sportarten in Ungarn als auch zur Übernahme der ge­sellschaftlichen und wirtschaftlichen Neuheiten inspiriert wurde. Um die Mitte des Jahrhunderts begannen sich in den vornehmen Kreisen neue Sportarten zu verbreiten: das 3

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