Prakfalvi Endre: Sozialistischer Realismus. Architektur in Budapest 1945-1959 - Unser Budapest (Budapest, 1999)

techniken, Verfahren für die industriellen Bauweisen - das „Ruck/uck-Haus“, die „Wohnungszelle“, das Modul-Sy­stem -zu deren Verwirklichung die gegebenen technolo­gischen Möglichkeiten noch lange nicht genügten (Aladár und Viktor Olgyay, Béla Sámsondi Kiss). 1948 erschien ein Büchlein von Máté Major mit dem Titel Az új építészet elméleti kérdései (Theoretische Fra­gen der neuen Architektur), schon mit dem Untertitel A Szocialista realizmus az építészetben (Der sozialistische Realismus in der Architektur). Die Einleitung schrieb der aus Moskau zurückgekehrte Imre Perényi, der als Tatsache feststellte: „Unsere heutige neue Kunst basiert auf der sozialistischer Realismus genannten kunsttheoretischen Grundlage.“ Die Autoren brachten die kanonisierte Defi­nition noch nicht, aber Major legte am Ende des Haupt­textes dar, daß die neue Architektur in ihrem Inhalt und in ihrer Form so sozialistisch und realistisch wird, wenn sie dem werktätigen Menschen dient, und sie tut das mit ein­fachen, sauberen, klaren, und sinnvollen Mitteln, doch „darf [in dem architektonischen Kunstwerk] die Monumen­talität, die den Ruhm der das Land aufbauenden Werktä­tigen verkündet, nicht fehlen.“ Eigentlich wurde der Grund zur Diskussion über den Formalismus - den Feind des Fortschritts - damals gelegt. Diese „Diskussion“ war in dem Prozeß, die Hegemonie des sozialistischen Realismus zu schaffen, eine der letzten Stu­fen. Auch die Regierung der Republik nahm Stellung zu den architekturhistorischen Auseinandersetzungen (Be­schluß des Ministerrats über die Bauindustrie, Mátyás Rá­kosi, stellvertretender Ministerpräsident, m.e.H., 15. Juli 1949), indem sie feststellte, daß „in den staatlichen Pla­nungsbüros die wirtschaftliche Planung nicht als zentrale Frage betrachtet wird. Indem man sich auf pseudoästhe­tische Gesichtspunkte - das ist die moderne Umschrei­bung - beruft, wird, dem Geschmack der Werktätigen zwar entsprechend, statt einer wirtschaftlichen Lösung oft ein überflüssiger Pomp entfaltet“. Durch die hohen Selbst­kosten der Häuser, die nach einem individuellen Entwurf, noch „handwerksmäßig“ gebaut und deshalb mit für die Stachanow-Bewegung unbrauchbaren Methoden verwirk­licht wurden, doch in ihrer Mehrheit niveauvoll und be­wohnbar waren (sie wurden später als bourgeois Luxus­architektur bezeichnet), waren die Planzahlen von vorn­herein zum Scheitern verurteilt. Imre Perényi sah den Hauptgrund für die Existenz des Modernen am Ende des Jahrzehnts neben der „Distan­zierung“ von dem sowjetischen Beispiel auch darin, daß 20

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