Prakfalvi Endre: Sozialistischer Realismus. Architektur in Budapest 1945-1959 - Unser Budapest (Budapest, 1999)

aus der Beziehung „der entwickelteren gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Ordnung“ und der „modernen Archi­tektur“ ergaben. Im Zeichen dieses Gedankens wurde nicht die Wiederherstellung, sondern der Neuaufbau zur Losung der Architekten, vor allem auch durch die institu­tioneile Lösung der allgemein verbreiteten Wohnungsnot. „Der Neuaufbau wird die Feuerprobe der jungen un­garischen Demokratie“, verkündete 1945 Mátyás Rákosi auf dem sogenannten Pfingstkongreß der Ungarischen Kommunistischen Partei. Typisch, aber vielleicht auch ver­ständlich ist, daß eine der ersten Entwurfsarbeiten nach dem Krieg nicht die Lösung praktischer und rationaler Auf­gaben zum Ziel hatte, sondern die grandiose Vision eines Nationalen Pantheons aufzeigte. CJnd während die Archi­tekten an den Ausschreibungen für die Ideen zum Neu- und Wiederaufbau „Groß-Budapests“ teilnahmen und die Richtlinien zur Stadtentwicklung ausarbeiteten beziehungs­weise an der Konzeption „Budapest als Bäderstadt“ arbei­teten, waren die politischen Machtverhältnisse nach der Bewertung Rákosis (1948) schon durch „einen gesunden Linksruck“ gekennzeichnet. Dieser Prozeß beseitigte, ver­drängte die Alternativen sowie die künstlerische Vielfalt und führte auch zur Diskreditierung der modernen Archi­tektur. ...wenn Lukács [Georg] eine obligatorische Beziehung zwischen der realistischen Kunst und der fortschrittlichen Kunst zustandebringt und auf diese Weise die ästhetische Willkür sich mit der politischen Willkür paart... so ist der Verdacht nie unbegründet, daß man mit leerem Bauch zum Hymnengesang veranlaßt werden soll. (István Vas, 1946) Bereits 1944-45 war im Grunde der Spielraum des Landes festgelegt. Die Anwesenheit der Roten Armee hatte auch im stilistischen Sinne die Grenzpfosten des Territoriums ein­geschlagen, die aufgestellten Befreiungsdenkmäler zeig­ten in verdichteter Form die Richtung des später zur Norm erzwungenen Ideals. Auf dem Szabadság tér und dem Gellért tér wurden schon 1945 die Denkmäler der sowje­tischen Helden, Werke von Károly Antal, feierlich einge­weiht. „Das in Stein gehauene und in Bronze gegossene Symbol des ewigen Dankes einer Nation“, das Denkmal der Befreiung auf dem Gellértberg - ein Werk von Zsig- mond Kisfaludi Strobl - wurde am 4. April 1947 nach achtzehnmonatigem Schaffen enthüllt (der architektoni­sche Teil entstand unter sowjetischer Mitarbeit). 7

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