Bodor Ferenc: Die Pressos der Stadt - Unser Budapest (Budapest, 1992)

TiK-TAK (TICKTACK) Das Tick-Tack tickt schon seit Jahren an der Ecke der Böször­ményi und der Hollösy Simon Straße. Die Neoninschrift mit der Wanduhr gehört zu den schönsten in der Stadt. Man könnte meinen, daß die gelben Neongehänge hin und her pendeln würden, wie bei einer wirklichen Wanduhr. Leider ist dem nicht so. Im kleinen Presso warteten einst grauhaarige, elegante Damen mit Kaffee und gutem Cognac auf. Selbst die feineren Leute der Gegend fanden sich hier ab und zu ein, als sie nach einem ausgiebigen Mittagessen in dem Lokal des Herrn Miklós für die Länge einer Siesta vorbeikamen. Im hinteren, leicht erhobenen Teil unterhielt die Gäste einst ein Klavier, die Pergamentlampenschirme warfen zur Einstim­mung Marlene-Dietrich-Lichter. An der Wand gegenüber dem Büffet hingen Fotos von musealem Wert mit einer Überschrift, die etwa so lautete: »Silvesterfest im Tick-Tack 1958". Auf diesen Bildern lächelten Männer in Lederjacken und braunen Halbschuhen und Frauen in Pelzmänteln der fragwürdigen Konsolidation entgegen. Das Presso war später nach Verstei­gerungen in die Hände anderer Besitzer gelangt. Die Theke sowie die Gäste wurden ausgetauscht, im Presso ertönte Stereomusik. Am Bildschirm flimmerte in Blaugrau das Le­ben der Onedin-Familie Teil um Teil voran. Das Tick-Tack hatte bis spät in die Nacht hinein auf und war unter Jugendli­chen besonders populär. Nun haben die Anwohner den Tru­bel satt, vergebens ließen die Besitzer das Lokal schalldicht machen, es besteht die Gafahr, daß man das Tick-Tack schließt, dann wird die seit Jahrzehnten intakte Triebfeder des Uhrwerks langsam stehenbleiben und sein Ticken im Lärm der Stadt für immer untergehen. XII., BÖSZÖRMÉNYI ÚT 17/C Das tickende Tik-Tak 48

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