Szegő Dóra - Szegő György: Synagogen - Unser Budapest (Budapest, 2004)
bis zu den Türkenkriegen bestimmenden Freibrief bestättigten oder erweiterten auch alle nachfolgenden Herrscher, mit Ausnahme Ludwigs des Großen. Beide Hälften profitierten vom Zusammenleben: die vom König und später auch von den Städten eingenommene Judensteuer (Census ludeorum) war dem im Laufe des Tatarensturms verarmten Land sehr von Nutzen, entsprach jedoch auch den Bedürfnissen der aus dem Westen fliehenden Juden. Der als erster Budaer Jude bekannte Hénok war Kammerverwalter und Pächter der königlichen Münze und des Dreißigstzolls der Königin, der möglicherweise dank Darlehen an den König zu Besitz gelangt war. Seine Familie hatte die Münzprägung in Buda eingeführt, ihrem Einfluß ist es auch zu verdanken, daß König Béla IV. den Juden-Freibrief ausstellte. Sie gründeten auch das frühmittelalterliche Judenviertel am Südende des Burgviertels, in der heutigen Szent György utca (Sankt Georgs Gasse, früher Juden Gasse). Das Judenviertel grenzte an der einen Seite an die Burgmauer, dazu gehörte jedoch auch der außerhalb der Mauern liegende Judenfriedhof in der Christinenstadt, entlang des damals noch unbedeckten Teufels-Grabens, ein Gebiet das heute vom Tunnel, der Pauler und der Roham utca begrenzt wird. Dieser blieb im Besitz der Juden bis zu ihrer Ver- teibung im Jahre 1686, dem Jahr der Rückeroberung Budas. Der heute bekannte älteste Grabstein stammt aus dem Jahre 1278 - im 19. Jahrhundert standen noch die meisten Grabsteine auf ihrem ursprünglichen Platz. Das die Juden in der Budaer Burg trotz ihrer gesellschaftlichen Stellung in einem abgesonderten Stadtteil wohnten war eine Folge des Beschlusses der Budaer Synode (1279), die vom pästlichen Gesandten, dem Bischof von Ferno, Philipp einberufen wurde. Der Beschluß verbot freundschaftliche Beziehungen zu Juden, schrieb die Segregation der Juden und das Tragen eines Unterscheidungsmals auf der Brust (ein roter Kreis aus Filz) vor. Die erste mittelalterliche Budaer Synagoge wurde Ende des 13. Jahrhunderts am heutigen Dísz tér errichtet. (Ihre Reste werden vermutlich vom verfallenen Gebäude des einstigen Verteidigungsministeriums bedeckt.) Sie muß wohl recht kurze Zeit funktioniert haben, da König Ludwig der Große 1348 die Juden zum ersten Mal vertrieb. Älterer Geschichtsschreibung zufolge war der Grund die Suche nach einem Sündenbock für die große Pestepidemie. Die strengen Reinigungsrituale, welche der jüdische Glauben vorschrieb, boten einigen Schutz vor der Pest. Deshalb kam europaweit der Glaube auf, daß die Juden eigentlich die Verursacher der Pest seien. Die zweite Vertreibung (1360) erklärte die Geschichte durch die erfolglosen Bekehrungsanstrengungen Ludwigs des Großen an den Juden. Damals nahmen die Vertreibungen noch nicht Pogromform an, ihre Häuser und Synagogen schenkte der König jedoch den ungarischen Magnaten. 10