Faurest, Kristin: Zehn Budapester Plätze - Unser Budapest (Budapest, 2010)
unergründlichen Zeichensprache kahler Unterführungen. Hier finden nur sehr notwendige Aktivitäten statt und man geht sich am besten aus dem Weg. Manche dieser Plätze sind so sehr dysfunktional, verdreckt, hektisch und grob, dass die Namen einst legendärer Schauspielerinnen, berühmter Staatsmänner und Revolutionäre zu ärgerlichen Assoziationen mit einem lauten und übelriechenden Verkehrsknotenpunkt reduziert werden, wobei wir ihre ursprüngliche Bedeutung ganz vergessen. Und dann gibt es da noch eine dritte Art des städtischen Raumes, die das eigentliche Thema dieses Büchleins sind - die bescheidenen Plätze in der Nachbarschaft. Sie sind die Orte von Märkten, gelegentlicher Begegnungen, brillanter Schachpartien, sinnloser Streitigkeiten, verbotener Liebesaffären, zeitweiliger Kreidekunstwerke von Schulkindern, impromptu Festlichkeiten und ungezählter spontaner alltäglicher Ereignisse. Sind wir, als Städter, uns wirklich ihrer unmessbaren Bedeutung bewusst? Jede Art des städtischen Raumes besitzt das Potential unsere Erfahrung als Städter zu beeinflussen. Transitorte sind wichtig, da sie uns von einem Teil der Stadt zu einem anderen bringen. Auch unsere monumentalen Plätze sind essentiell, weil sie den kollektiven Pantheon darstellen, der unsere Geschichte, Gesellschaft und Kultur definiert, und unserer Stadt ihre besondere Identität verleiht. Es sind jedoch die öffentlichen Plätze - von bescheidenem Ausmaß und Ausstattung, mit ihren sowohl geplanten als auch spontanen Funktionen - die unser tägliches Leben gestalten, unsere Nachbarschaften sowie unsere Bekanntschaften bestimmen. Betrachten wir die Stadt als ein Haus, so repräsentieren die monumentalen Plätze den Ballraum, die Transitorte die Gänge und die kleinen Nachbarschaftsplätze sind erst die wirklichen Wohnzimmer. Ideale Plätze sollten eine subtile alltägliche Freude am Stadtleben bieten. Sie fördern das Treffen zwischen Individuum und Kollektiv, und ermutigen verschiedene soziale Gruppen dazu, einander kennenzulernen. Unsere öffentlichen Plätze sind in gewissem Sinne der Mikrokosmos unserer Städte. Sie sollten dazu beitragen, dass wir unsere Häuser verlassen und in der Gemeinschaft sein möchten, das Gemeinsame sowohl mit Freunden als auch mit Fremden teilen wollen. Sie sollten Räume sein, die wir freiwillig aufsuchen, um unsere Zeit hier zu verbringen, und nicht nur dazu dienen, dass wir sie eilig durchqueren um nach Hause zu gelangen. Sie bieten uns die Gelegenheit, auf spontane, ungezwungene Art und Weise unter anderen zu verweilen, diese passiv zu beobachten oder aktiv an 6