Tóth Vilmos: Grabmalkunst - Unser Budapest (Budapest, 2006)

päischen Soldatenfriedhöfen jener Zeit sehr verbreitetes Motiv. Nach der Einweihung suchten so viele das Grabmal auf, daß die Familie sich gezwun­gen sah, des Rummels wegen zu protestieren. Der Fall zeigte, daß die Prinzi­pien noch die archaische Auffassung von der Friedhofskunst wiederspie­gelten: Das Grabmal wurde nicht für ein kunstliebendes Publikum, sondern ausschließlich für den Verstorbenen und die Familie geschaffen. Die letzten Jahrzehnte des 19. Jahrhunderts sollten diesbezüglich dann eine grundlegende Änderung bringen. Der zweite bekannte Meister der figuralen Grabsteine vom Beginn des 19. Jahr­hunderts war Lőrinc Dunaiszky. Er schuf z. B. die Empiresarkophage des Orlan- diny-Grabes, und von ihm stammt auch die einzige Statue des Budaer Grabdenk­malensembles aus der Zeit vor 1848, die auch heute noch bei einem Grabe steht: das um 1828 entstandene Pistori-Grabmal. Dieses Kunstwerk gelangte als Grab von Vilmos Dulitzky zuerst auf den Friedhof in der Németvölgyi út, dann in den Kerepeser Friedhof (K 17/1). Die symbolische, letzte Zeugin dieser heute kaum noch bekannten Epoche der hauptstädtischen klassizistischen Bildhauerkunst ist die heilige Barbara, die Schutzheilige der sterbenden Christen. Bei den bekannten Grabmälern des Friedhofs an der Váci út können noch weniger Hersteller identifiziert werden Von den Werken des József Huber be­fand sich hier einst das Grab der Familie Vogel. Wahrscheinlich ist auch das Grabmal der Gattin von János Krajcsovits von hier in den Kerepeser Friedhof gelangt (K 45), dessen heute bis zur Unkenntlichkeit verwittertes Relief von István Ferenczy stammen soll. Das Kompositionsschema erlaubt eine solche Schlußfolgerung, eindeutig stammen jedoch nur zwei hauptstädtische Grab­denkmäler von Ferenczy, beides Kirchengräber: dasjenige des István Kultsár in der innerstädtischen Pester Pfarrkirche, und dasjenige des István Marczi- bányi in der Krypta der Franziskaner- (später Elisabethordenskirche) in der Fő utca. Der älteste, zum Großteil am ursprünglichen Ort und im Originalzustand ver­bliebene Friedhofsteil Budapests, ist die Reihe der Mauergräber im Kerepeser Friedhof, deren Bau in den 1850er Jahren begann. Die ältesten Grabsteine fin­den wir neben den Mauerabschnitten nahe des Haupteingangs. Ein Sechstel der fast 1200 Mauergräber fielen Umbettungen, Auflassung, Kriegsereignissen oder natürlichem Verfall zum Opfer, trotzdem kann behauptet werden, daß sich heute nirgends im Karpatenbecken ein so großes und komplexes städtisches Grabmalensemble aus dem 19. Jahrhundert befindet. Seine Bedeutung ist un­ermesslich und obwohl das Ensemble eigentlich unter Denkmalschutz steht, sind fast die Hälfte der Grabmäler in recht schlechtem Zustand, ein Teil davon 12

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