Radek Tünde - Szilágyi-Kósa Anikó (szerk.): Wandel durch Migration - A Veszprém Megyei Levéltár kiadványai 39. (Veszprém, 2016)
4. Folgen von Migrationsprozessen auf die Literatur - Kerekes Gábor: Die moderne ungarndeutsche Literatur – gefangen zwischen Authentizität und Fiktionalität sowie ohne Aussicht auf internationalen Erfolg?
Kerekes, Gábor (Budapest/Ungam) Die moderne ungamdeutsche Literatur - gefangen zwischen Authentizität und Fiktionalität sowie ohne Aussicht auf internationalen Erfolg? Die ungarndeutsche Literatur* blickt auf eine nicht einmal 50jährige Geschichte zurück. Ein wesentlicher Charakterzug der ungarndeutschen Autoren ist in ihrem Umgang mit Literatur, dass sie diese kaum als fiktionale Hervorbringung ansehen. Der Grund hierfür ist in ihrer Lebenssituation zu suchen, in der sie primär nicht als Schriftsteller existieren, sondern in eine Umwelt eingebunden leben, die literarische Hervorbringungen weitgehend als dokumentarische Nachzeichnungen der Wirklichkeit ansieht. Aus diesem Grunde wagen die ungamdeutschen Akuteren auch so gut wie gar keine literarische Auseinandersetzung mit von ihrer Umwelt tabuisierten Themen. Eine Veränderung hierin könnte erst eintreten, wenn ein ungarndeutscher Autor sich von seiner unmittelbaren Umwelt existenziell frei fühlen könnte, wozu ein internationaler Erfolg die Voraussetzung sein könnte. 0 Vorbemerkung Die moderne ungamdeutsche Literatur hatte ihren Neubeginn im Jahre 1973 mit dem in der Neuen Zeitung, dem ungamdeutschen Wochenblatt Ungarns veröffentlichten Aufruf „Greift zur Feder“, der zum Einsenden deutschsprachiger literarischer Texte aus der Feder von Ungamdeutschen ermunterte. Insofern ist diese ungamdeutsche Literatur heute noch immer jung, noch keine 50 Jahre alt, hat jedoch bereits in zwei politischen Systemen existiert und hat inzwischen auch quantitativ schon ein ansehnliches Maß angenommen. Zugleich kann man nicht umhin, zu konstatieren, dass in den vergangenen 41 Jahren mit oder trotz der politischen Wende im Lande in der ungarndeutschen Literatur — abgesehen von dem altersbedingten Abtreten der einen und dem Fieranwachsen einer neuen Generation von Autoren - eine ganze Reihe von Kontinuitäten weiter bestehen geblieben sind, zu denen nicht nur das Ausbleiben eines messbaren außerungarischen, das heißt internationalen Erfolgs gehört. 1 Die Ungamdeutschen vor und nach der politischen Wende sowie die Publikationsorgane der ungamdeutschen Literatur In den Jahren 1946-48 wurde das Ungamdeutschtum durch die Vertreibung von etwa 170.000 Menschen aus ihrer Heimat Ungarn auf eine Gesamtzahl 1 Alle Übersetzungen aus dem Ungarischen von mir — G.K.