Radek Tünde - Szilágyi-Kósa Anikó (szerk.): Wandel durch Migration - A Veszprém Megyei Levéltár kiadványai 39. (Veszprém, 2016)

4. Folgen von Migrationsprozessen auf die Literatur - Kerekes Gábor: Die moderne ungarndeutsche Literatur – gefangen zwischen Authentizität und Fiktionalität sowie ohne Aussicht auf internationalen Erfolg?

222 Kerekes, Gábor: Die moderne ungarndeutsche Literatur zwischen 270.000 (Nawratil 2007: 68) und 200.000 (Tóth 2006: 331) reduziert. Verängstigt durch die Vertreibung gab es nun ein Ungarndeutschtum, das sich höchstens im privaten Rahmen der Muttersprache bediente bzw. das seine Muttersprache zu verlieren begann, da es — und dies hatte bereits in der Vor­kriegszeit begonnen - seine Kinder lieber ungarisch sprechen ließ, damit sie bessere Möglichkeiten für ein gesellschaftliches Fortkommen besaßen. Da das Deutsche in der staatlichen Propaganda lange Zeit, bis in die 1970er Jahre das Synonym für „faschistisch“ war, verheimlichten viele Ungamdeutsche ihre wah­re Herkunft und bedienten sich des Ungarischen. Bis zum Anfang der 1950er Jahre erhielten die deutschen Kinder in Ungam überhaupt keinen mutter­sprachlichen Unterricht und es gab keinerlei Möglichkeiten für eine ungamdeut­sche Kulturaktivität Die in der 1949er Verfassung des Landes deklarierte Gleichberechtigung aller Nationalitäten war bis 1955 eine hohle Worthülse, als zumindest der Kultur­verband der Deutschen Werktätigen in Ungarn gegründet werden durfte, der zwar vielmehr die ungarisch-stalinistische staatliche Kulturpolitik gegenüber der Min­derheit als denn die Minderheit gegenüber dem Staat vertrat. Aber immerhin existierte damit eine institutionalisierte Form für die Ausübung von Minderhei­tenrechten und eine erste Form der Minderheitenvertretung. Im Laufe der Jahrzehnte erhielt der Verband immer neue Namen, die auch die sich vollzie­henden politischen Veränderungen und die langsame, aber stetige Verbesserung der Lage der Ungarndeutschen ausdrückten: 1969 Demokratischer ]/erband Ungarn- ländischer Deutscher, 1978 Demokratischer Verband der Ungarndeutschen, 1989 Verband der Ungamdeutschen. Die Möglichkeiten des Ungamdeutschtums als Nationalität nahmen mit der politischen Wende von 1989/90 in allen Bereichen des Lebens zu (Schule, Bildung, Vertretung), wenn auch einzeln gesehen von Zeit zu Zeit von kriti­schen Stimmen darüber Missmut geäußert wird, dass die Veränderungen nicht weit genug gegangen seien. Doch ist unleugbar, dass die Zunahme an Freiheit nach der politischen Wende immens war, wenn auch immer wieder die wirtschaftlichen Auswirkungen der inzwischen vollzogenen Veränderungen in einzelnen Teilen der Gesellschaft Nostalgie an die Vorwendezeit aufkommen lassen. Was das literarische Leben der Ungamdeutschen angeht wichtigstes Zentrum der ungamdeutschen Literatur ist bis auf den heutigen Tag die seit 1957 existierende Neue Zeitung, die das Wochenblatt der in Ungarn lebenden

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