Radek Tünde - Szilágyi-Kósa Anikó (szerk.): Wandel durch Migration - A Veszprém Megyei Levéltár kiadványai 39. (Veszprém, 2016)
1. Landschafts- und Gemeinschaftswandel als Folge von Migration - Krauss, Karl Peter: Migration und Modernisierung. Sozioökonomische Prozesse und Kulturlandschaftswandel in Transdanubien im 18. Jahrhundert
Krauss, Karl-Peter Migration und Modernisierung 21 überlieferte Listen des Abzugsgeldes der Herrschaft Deutschbohl/Bóly (Krauss 2003: 132—136). Verließ der Untertan die Herrschaft heimlich, so fiel sein Besitz an den Grundherrn. So hieß es im Ansiedlungsvertrag von Himesháza, dass keiner ohne herrschaftlichen Konsens und Stellung eines anderen tauglichen Untertans weder seine Behausung verkaufen noch entweichen dürfe. Sonst würde das gesamte fahrende und liegende Vermögen der Grundherrschaff anheimfallen (Krauss 2003: 134). So verbot sich das heimliche Wegziehen für einigermaßen wohlhabende Bauern von selbst. Zudem unterlagen abzugswillige Untertanen einer Kontrolle der Dorfgemeinschaft, denn nicht selten hafteten die anderen Untertanen des Dorfes, wenn ein Untertan ohne Konsens weiterzog, indem sie für die öd liegenden Güter des weggelaufenen Bauern Abgaben entrichten mussten. So wurde eine soziale Kontrolle der Untertanen untereinander erreicht. Im Komitat Veszprém kommt diese Bestimmung im Ansiedlungsvertrag von Romand/Románd der bischöflichen Raaber Herrschaft vom 28. März 1721 unter Punkt 14 zum Ausdruck. Dort heißt es, dass die ganze Gemeinde auf die Mitnachbarn aufpassen soll, damit keiner ohne Wissen der Herrschaft weggeht, „widrigenfalls solle die Gemeinde von einem solchen gut zu stehen und alles gut zu machen verbunden seyn“, das heißt, die Gemeinde war verpflichtet, die Abgaben des Weggegangenen zu übernehmen (Licht- neckert 2009: 328). Es ist das Verdienst von András Lichtneckert, eine Quellensammlung mit 278 Urbaren und Ansiedlungsverträgen von über 120 Siedlungen im Komitat Veszprém aus der Zeit nach der Vertreibung der Türken 1690 bis zum ungarischen Urbarialgesetz von 1836 publiziert zu haben.22 23 Darunter befinden sich auch 72 Ansiedlungsverträge, zumeist in deutscher Sprache. Damit bietet diese Quellenedition die Möglichkeit eines analytischen Vergleichs hinsichtlich des Rechtsstatus der Kolonisten. Charakteristisch für die Ansiedlungsverträge sind Bestimmungen in Bezug auf die Freizügigkeit. In keinem der Ansiedlungsverträge wird die Freizügigkeit in Frage gestellt oder verboten, hingegen bleibt sie in einigen Verträgen unerwähnt. Damit aber waren diese Untertanen im rechtlichen Sinne keine schollengebundenen Leibeigenen. Allerdings mussten die abzugswilligen Untertanen in fast allen Fällen einen anderen Siedler stellen, der bereit war, die Ansässigkeit zu übernehmen.22 In den Ansiedlungsverträgen 22 Zum Urbarialgesetz siehe Varga 1965. Umfassend dazu: Das Urbarialgesetz: 1838 sowie Field 1980. 23 Siehe etwa den Ansiedlungsvertrag von Hidegkút vom 01.91.1751, Punkt 9: ,,[...] kann auch sein Haus verkauften, doch aber damit bevor er abreißet ein dergleichs Würth oder einen besse[r]n, alß er ist vorstelle“ (Lichtneckert 2009: 163).