Internationales Kulturhistorisches Symposion Mogersdorf 2007 in Kőszeg 3. bis 6. Juli 2007 (Szombathely, 2014)

Ivo Goldstein: Die Ustascha Revolution 1941. Die Entstehung einer neuen Elite?

Ivo Goldstein (Zagreb) DIE USTASCHA REVOLUTION 1941. DIE ENTSTEHUNG EINER NEUEN ELITE? In diesem Text möchte ich auf zwei Fragen eingehen: auf die Frage der sozialen Herkunft der Mitglieder der Ustascha-Bewegung und auch derjenigen, die 1941 in die regierenden Kreise des Unabhängigen Staates Kroatien traten, sowie auf die Frage, welche Rolle intelektuelle und andere Eliten in der Bewegung spielten.1 Der Führer der Ustascha-Bewegung, Ante Pavelid, flüchtete 1929 ins Ausland, wo er mit dem Aufbau der Ustascha-Organisation begann. Er setzte sich stark für die Gründung eines unabhängigen kroatischen Staates ein, lehnte jede Form eines jugoslawischen Staates ab und bald wurde auch eine heftige anti-serbische Kam­pagne gestartet. Um ihre Ziele zu erreichen waren den Ustascha alle Mittel recht, inklusive Terrorismus. Anfang 1937 gab es in Italien 510 Mitglieder der Ustascha- Bewegung, meist interniert auf Liparischen Inseln und in süditalienischen Städten. Größtenteils waren sie bäuerlicher Herkunft. Viele waren Analphabeten und erst in den Ustascha- Lagern bekamen sie eine Grundausbildung.2 Fast in der Regel gehörten sie der ersten Generation, die in die Städte eingezogen ist oder sie waren Bauer, die das städtische Leben kennengelernt haben. Meist aus unterentwickelten Gegenden, fühlten sie sich vom „System” abgestoßen und ließen sich von Parolen des nationalen Exklusivismus verlocken. Ihre Weltanschauung und die daraus re­sultierenden ideologischen Ansichten wurden in der Zeit des starken Aufschwungs des Kapitalismus geformt, mit all seinen bösen Folgen für die Arbeiter,3 und der andauernden Agrarkrise, in der sich zunehmend mehr Bauer verschuldeten und geschäftsunfähig wurden. Sie sahen die Ursachen eines solchen Zustands in „serbi­scher Hegemonie” und fremder Ausnutzung. Milan Sufflay (1879-1931) war eine scharfsinnige, gebildete und ungewöhn­liche Person. Er war einer der führenden Albanisten in der ganzen Welt. Er wurde von Agenten der jugoslawischen Polizei auf der Straße in Zagreb ermordet, im Feb­ruar 1931 als man vom Hitlerismus noch wenig wusste. Sufflay war Humanist und hätte er den Hitlerismus und die Ustascha-Bewegung erlebt, wäre er damit gewiss nicht einverstanden. Aber in seinem Sammelband von Essays und Aufsätzen, im Lichte der Weltgeschichte und Politik, entwickelte er einen geschichtlichen und nationalen Mystizismus, der das Volk zu einem „Ich” verwandelt (bzw. leitet einen Prozess der Aneignung der kulturellen und nationalen Identität ein - Anm. I.G.). Er spricht von der „verhängnisvollen Grenzlinie am Fluss Drina, wo das mächtige Römische Reich entzwei brach, .... die eine geistige und kulturelle Grenze war” und dann legt er diese Behauptung aus: „Das kroatische Volk ging durch die rö­46

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