Internationales Kulturhistorisches Symposion Mogersdorf 2007 in Kőszeg 3. bis 6. Juli 2007 (Szombathely, 2014)
Ivo Goldstein: Die Ustascha Revolution 1941. Die Entstehung einer neuen Elite?
misch-westliche Retorte und das serbische durch die byzantinisch-türkische. Deswegen ist die Psyche der beiden Völker verschieden, obwohl ihre Sprachen ähnlich sind. Die Unifizierung dieser Völker wäre eine Nivelierung und Schaffung eines Explosionpotentials. Eine Zentralisierung würde bedeuten, Kroatien in ein Versuchskaninchen für Vivisektionsexperimente zu verwandeln. Meine These lautet, dass das kroatische Volk, als Bürger des großen Imperiums der westlichen Zivilisation, das Recht hat, seine Stimme gegen jegliche Unterdrückung zu erheben... Wer Geschichte kennt, der weiß, dass die jugoslawische Idee keine Dynamik hat. Sie ist nichts im Vergleich mit der mächtigen kroatischen Idee. In Kroatien ist die jugoslawische Idee nur eine dünne Schale, unter der es im kroatischen nationalen Vulkan brodelt. Nur ein kleiner Funke ist notwendig, damit es ausbricht... mir als Philosophen und freidenkenden Kroaten ist es egal, ob ich im engen Gefängis des Bezirksgerichtes oder einer anderen Strafanstalt sitze, oder ob ich in der sogen- nanten Freiheit eigentlich im großen Zuchthaus sitze, in dem - Gott sei Dank nur vorübergehend! - das kroatische Volk ausharren muss!” Obwohl kein Satz Sufflays darauf hinweist, dass er irgend etwas mit der Ustascha-Gewalttätigkeit oder ihren blutigen Plänen gemeinsam hätte, viele Ustascha-Autoren zitierten ihn dankbar, angefangen mit Pavelic persönlich, der den obigen Gedanken Sufflays in seine Broschüre „Aus dem Kampf des kroatischen Volkes”, herausgegeben in Wien 1931, aufhahm. Mile Budák behauptete, Sufflay sei „unser Idol und Hellseher”. Sufflays Idee von der „hundertjährigen Grenze an der Drina” wurde zum My- thologem vieler, die über diese Probleme schrieben, besonders der Nationalexklu- sivisten und der den Ustascha geneigten Intellektuellen. Deswegen war der nationale Exklusivismus eine der ideologischen Grundlagen der Ustascha-Bewegung. Man kann ihn auch mit dem Einfluss von Nazismus und Faschismus verbinden. Doch die Grundsätze der kroatischen Ustascha-Bewegung, veröffentlicht 1933, kündigten als eines der Hauptziele der Bewegung die Aufstellung eines „Bauemstaates” an. Da wird behauptet, dass „wer in Kroatien nicht vom Bauern abstammt in 90 von 100 Prozent der Fälle nicht-kroatischer Abstammung und nicht-kroatischen Blutes ist”.4 Nur wenige Tage vor der Gründung des Unabhängigen Staates Kroatien gab Pavelic triumphierend bekannt: „Es entsteht ein freier Unabhängiger Staat Kroatien, in dem, meine kroatischen Bauerngenossen, das ganze Land und die ganze Macht in eueren Händen sein wird..., aus dem alles Unkraut, gesät von fremder Erobererhand, ausgerottet wird.”5 Dieses Zitat zeugt davon, wie die Ustascha-Ideologie das Rurale dem Urbanen vorzieht. In ihren Aspekten, die aus konkreten kroatischen Gegebenheiten hervorgehen, ist die Ustascha-Ideologie ein Produkt der verarmten Agrargesellschaft in einer tiefen Identitätskrise und einer kleinbürgerlichen Gesellschaft im Entstehen. Eine so konzipierte ideologische Grundlage weist auf eine tief verwurzelte Unfähigkeit von Pavelics Anhängern, die zeitgenössischen gesellschaftlichen Wand47