Internationales Kulturhistorisches Symposion Mogersdorf 2007 in Kőszeg 3. bis 6. Juli 2007 (Szombathely, 2014)

Gernot Peter Obersteiner: Von der Monarchie zur Republik. Eliten in Politik und Verwaltung der Steiermark (1890-1945)

(1852-1928) ersetzt. Er war, wie sein Vorgänger, zuvor Landespräsident in Schle­sien gewesen. Im Oktober 1899 erhielt Clary nach dem Sturz von Ministerpräsi­dent Badeni den Auftrag zur Bildung einer provisorischen Regierung, in der er selbst als Ministerpräsident sowie als Ackerbauminister fungierte, jedoch im De­zember 1899 zurücktrat und seinen Posten in der Steiermark wieder einnahm. Als politischer Geschäftsapparat war dem Statthalter die k. k. Statthalterei beigegeben. Unter der Amtsbezeichnung „Hoffat” bzw. „Statthalterei-Vizeprä­sident” firmierte der zweithöchste landesfürstliche Beamte im Lande nach dem Statthalter selbst; in den letzten Jahren der Monarchie war dies Dr. Ferdinand Graf Stürgkh, der Bruder des 1916 ermordeten Ministerpräsidenten. Auch als Statt­haltereiräte sowie als Statthalterei-Sekretäre begegnen bis 1918 fast ausnahmslos Mitglieder adeliger Familien des Grafen-, Freiherren- und Ritterstandes, darunter Namen wie Stürgkh, Wickenburg, Manzano, Bellegarde, Flammer-Purgstall, Neu- pauer, Lazarini, Camerlander, Tauber von Taubenberg, Hein, Scherer, Schweick- hardt, Underrain von Meysing und Mayerhofer-Grünbühel. Aus „alten” und „neuen” Familien des Beamtenadels stammend, waren sie zumeist auch Ritter des Franz-Joseph-Ordens und des Ordens von der Eisernen Krone. Von den damals 22 Bezirkshauptmännem bzw. Amtsleitem waren 1918 in der Steiermark mehr als zwei Drittel von Adel (Grafen, Freiherren, Ritter und einfache Adelige); es finden sich Mitglieder der gräflichen Familien Attems, Pace, Schönfeld, Stürgkh, Montecuccoli, der Freiherren von Vemier-Rougemont, Ham- mer-Purgstall, Schweickhardt, Braun, Salis-Soglio, Wildburg, Müller-Hömstein, Ramberg, Esebeck und Tinti, der Ritter von Scherer, Finetti und Rainer zu Har­bach sowie der Edlen von Schickh, Villavicencio, Geramb, Bouvard von Chatelet, Kriehueber, Stoltz von Dorlawall, Weiss von Schluetenberg. Der alte und neue Adel dominierte ebenso bei den Chargen der Bezirkskommissäre und Bezirksober­kommissäre, Konzeptsbeamten, die einer höheren Verwendung im Rahmen der strengen Beamtenhierarchie harrten, wenn möglich bei der Statthalterei in Graz oder einmal gar in einem Wiener Ministerium. Während des Zusammenbruches der österreichisch-ungarischen Monarchie im Oktober/November 1918 gründeten Vertreter von Industrie, Bauern und Arbeiter auf Betreiben des Grazer Bürgermeisters einen sog. „Wohlfahrtsausschuss”, der die Verwaltung übernahm. Statthalter Clary-Aldringen trat zurück. Die Elite dieser Krisenzeit bildeten von der Grazer Burg aus der „Landesverweser” Dr. Arnold Eisler (ein sozialdemokratischer Rechtsanwalt, der das Land bereits vorher juris­tisch beraten hatte) und der Deutschfreiheitliche Industrielle Dr. Viktor Wutte (von der Graz-Köflacher Bergbaugesellschaft). Eisler war 1918-1920 Landtagsab­geordneter und 1919/29 Unterstaatssekretär im Staatsamt für Justiz, von 1920 bis 1934 Nationalratsabgeordneter. 1938 emigrierte er in die Vereinigten Staaten von Amerika, wo er Vorsitzender der Sozialisten Österreichs war. Wutte war Vorstands­19

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