Sonderband 3. „wir aber aus unsern vorhero sehr erschöpfften camergeföllen nicht hernemben khönnen…” – Beiträge zur österreichischen Wirtschafts- und Finanzgeschichte vom 17. bis zum 20. Jahrhundert (1997)
† Peter Gasser: Karl VI., Triest und die Venezianer
Kar! VI., Triest und die Venezianer sind die Monatslöhne für die in den Fabriken der Gesellschaft beschäftigten Arbeiter mit 20 000 bis 24 000 Gulden, die jährlichen Anschaffungskosten für Baumwolle mit 30 000 und für Wachs mit 80 000 Gulden angegeben. Maximilian Hilleprandt konnte die erhoffte Rentabilität der Fabriken und der anderen Betriebe der Kompanie nicht mehr garantieren und bot der Hofkommission für wirtschaftliche Angelegenheiten seine Demission an, die jedoch nicht angenommen wurde. Die Kommission erklärte nach einer Überprüfung der Geschäftsgebarung, die von der Gesellschaftsdirektion vorgebrachten Argumente für stichhaltig, sprach den Direktor von jeder Schuld frei und führte die prekäre Situation des privilegierten Unternehmens auf die allgemeine, durch Erschütterung des Kreditwesens bedingte Wirtschaftskrise zurück, die auch andere aufsehenerregende Fallimente herbeigeführt hätte106. Diese erste gefährliche Krise der Orientalischen Handelskompanie konnte zunächst durch Auflassung bzw. Verlegung der Fiumaner Niederlassung nach Triest und durch einen Kredit von 300 000 Gulden aus dem Ärar, woraus die Gesellschaft ihre Schulden bezahlte und die hypothekierten Fonds auslöste, noch einmal überwunden werden. In den folgenden Jahren erzielte die Kompanie durch Lieferungen von Idria- Quecksilber nach England und Holland sogar Gewinne. Niederländische und englische Schiffe belebten für kurze Zeit das Triestiner Hafenbild. Der Versuch, einen großangelegten Wachshandel aufzuziehen, scheiterte hingegen an der venezianischen Konkurrenz. Die in Triest und Fiume mit erheblichem finanziellen Aufwand aufgebauten Wachsraffinerien erwiesen sich als Fehlinvestitionen. 1731, zu einer Zeit als die allgemeine politische Lage die Verfolgung weitgesteckter Pläne auf kommerziellem Gebiet noch gestattete, retteten reichlich bemessene staatliche Zuschüsse die Orientalische Handelskompanie vorläufig vor dem Bankrott. Die nächsten Jahre brachten der Monarchie nur Verluste. Daß unter diesen Umständen die Gesellschaft mit weiteren ärarischen Subventionen in dem gewohnten Ausmaße nicht mehr rechnen durfte, war einleuchtend. Schlechte Geschäfte, durch Unglücksfälle verursachter Verlust an Schiffsmaterial, eigene Unkenntnis und Verfehlungen von leitenden Angestellte sowie die amateurhaft durchgeführte Lotterie, die einer Staatsanleihe praktisch gleichgestellt und für die der Kaiser selbst garantieren sollte, bewirkten die langsame Selbstaufzehrung der Gesellschaft, deren Betrieb um 1741 gänzlich eingestellt wurde. Bussolin geht zweifellos richtig, wenn er den Mißerfolg der Orientalischen Kompanie auf eine mangelhaft durchgeführte Marktforschung zurückführt107. Dies war jedoch nicht die einzige Ursache: verhängnisvoll war, daß die mit der Leitung der Gesellschaft betrauten Personen nicht die für ihre Aufgabe notwendige Erfahrung 106 HHStA Wien, Österreichische Akten, Triest-Istrien, Fasz. 9, „... li modemi tan copiosi e considerevoli fallimenti mostrano quanto è decresciuto il Publico credito, e come sono debilitati li Negozi .. Bussolin: Compagnia Orientale, S. 159: „... Con difetto di terreno preparato opportunatamente nelle piazze ...“. 67