Sonderband 3. „wir aber aus unsern vorhero sehr erschöpfften camergeföllen nicht hernemben khönnen…” – Beiträge zur österreichischen Wirtschafts- und Finanzgeschichte vom 17. bis zum 20. Jahrhundert (1997)

† Peter Gasser: Karl VI., Triest und die Venezianer

Peter Gasser und Kenntnisse besaßen. Der Personalaufwand sowie die für Fabriken, Manufaktu­ren, Schiffpark und sonstige Anlagen aufgewendeten Gelder hätten allenfalls ein bereits jahrelang gut geführtes und aktives Unternehmen rechtfertigen können, nie­mals aber einen Betrieb, der traditionslos und ohne genaue Planung durch ein kai­serliches Machtwort ins Leben gerufen worden war. Ungeachtet ihres Scheiterns hat sich die Orientalische Handelskompanie auf den österreichischen Seehandel positiver ausgewirkt als die Proklamierung der Triestiner und Fiumaner Häfen zu Porti franchi, da durch ihre Tätigkeit das österreichische Litorale aus seinem bisherigen Schattendasein gerissen und in den Bannkreis des europäischen Seeverkehrs gerückt wurde. Waren auch die Triestiner an dem Ge­schäftsgang der Kompanie nur in beschränktem Maße beteiligt, bekamen sie doch einen Hauch jener kosmopolitischen Atmosphäre zu verspüren, die jedem Seehafen eigen ist. Schließlich lehrte das Schicksal dieses Unternehmens die maßgeblichen Wirtschaftskreise am Wiener Hof, daß hochgesteckte merkantile Ziele nicht schlag­artig und ausschließlich durch Konzentration von Monopolen und Privilegien auf mehr oder minder staatlich gelenkte Gesellschaften, sondern nur langfristig durch Förderung und Unterstützung des einzelnen Kaufmanns erreicht werden konnten. So war es bis zu einem gewissen Grad bei der von Karl VI. am 16. Juni 1722 in Ostende gegründeten Ostindischen Handelskompanie der Fall gewesen. Dem spani­schen Einfluß am Wiener Hof weitgehend entzogen, hatte sich dieses Unternehmen vielversprechend entwickelt108. Um die Seemächte England und Holland für die Pragmatische Sanktion zu gewinnen, hatte sich der Kaiser schweren Herzens zur Auflösung der oberwähnten Gesellschaft im Jahre 1731 entschlossen. Ein Entschluß, der Venedig beunruhigte. Die Leidenschaft des Monarchen in merkantil-maritimen Belangen -... Ia passione di Cesare dove si tratta di Marina - war am Rialto nur zu gut bekannt, und nach dem Verzicht auf Ostende vermutete der Botschafter der Se­renissima Republica in Wien, Daniele Bragadin, im Frühjahr 1731, der Kaiser werde sich nunmehr auf die eigenen Häfen in Istrien, also Triest und Fiume, konzentrieren. IV. Zoll- und Mautfragen So ist ohne dem sattsam bekannt, wie dem Commercio die Städisch und privat Mauthen mehr als die Kaiserlich hinderlich seyen ..., stellte eine mit der Ausarbei­tung einer Zollordnung betraute Hofkommission am 9. September 1718 fest109. Die aus dem Friedens- und Handelsvertrag von Passarowitz sich bietenden merkantilen Möglichkeiten forderten eine Klärung des Zoll- und Mautproblems. Dies konnte aber nur durch die Abschaffung bzw. Einschränkung der zahlreichen im Laufe der Zeit „ad duplum, triplum et etiam quatriplum“ gesteigerten Mautabgaben erfolgen, die los HHStA Wien, StA Venedig, Bd. 225 (nicht paginiert), Mödling, 28. April 1731, Mödling, 12. Mai 1731: „Hora che per il Trattato di Vienna con gli Anglolandi deve abbandonar l’idea nel commercio d’Ostenda cresce in esso la passione per introdurre la Marina ne propri Porti dell’Istria“. Vgl. Mikoletzky: Öster­reich. Das große 18. Jahrhundert, S. 123. 109 HHStA Wien, Österreichische Akten, Triest-Istrien, Fasz. 9, fol. 218'. 68

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