Sonderband 3. „wir aber aus unsern vorhero sehr erschöpfften camergeföllen nicht hernemben khönnen…” – Beiträge zur österreichischen Wirtschafts- und Finanzgeschichte vom 17. bis zum 20. Jahrhundert (1997)

† Peter Gasser: Karl VI., Triest und die Venezianer

Peter Gasser Triest und später auch in Fiume errichteten Anlagen arbeiteten zumindest in den ersten Jahren ihres Bestandes klaglos. Bussolin führt als günstige Zeit für die Kompanie die Jahre 1730/31 an, eine Be­hauptung, die nicht unwidersprochen bleiben kann. In der Tat führte in diesen Jah­ren die neue Tarifordnung für den Porto franco und die Ankündigung eines Triesti- ner Jahresmarktes, einer sogenannten Fiera, eine wirtschaftliche Belebung herbei, die nicht nur der Orientalischen Handelskompanie, die sämtliche in der Stadt vor­handenen Holzvorräte unter günstigen Bedingungen nach Messina und Apulien ver­kaufen konnte, sondern auch manchen selbständigen Wirtschaftstreibenden materiel­le Vorteile brachte. Durch das Scheitern des Fiera-Projektes hielt diese Hausse aber nur kurz an. Die Orientalische Kompanie hatte in dieser fraglichen Zeit ungeachtet ihrer zahl­reichen Privilegien, den Höhepunkt ihrer geschäftlichen Erfolge überschritten. Von den Schwierigkeiten, mit denen das Unternehmen selbst und seine Fiumaner Zweig­stelle im besonderen zu kämpfen hatten, geben die Klagen des Direktors Maximilian Hillcprandt, die in einem an den Monarchen gerichteten Referat der mit Handelsfra­gen betrauten Hofkommission am 19. Jänner 1731 zur Sprache kamen, beredtes Zeugnis105. Ohne Zweifel war die Errichtung einer Kompaniezweigstelle in Fiume ein unüber­legter Schritt, da es vor der Fertigstellung der Via Carolina praktisch keine Ver­kehrswege nach dem Landesinneren gab. Der im Quarnero schwierige Schiffsver­kehr kam bei starker Bora oft wochenlang zum Stillstand. Die prekäre Lage der Fiumaner Niederlassung erscheint somit zwar verständlich, doch ermöglicht der Bericht vom 19. Jänner 1731 auch eine Zusammenfassung über die Situation des Gesamtunternehmens. So erfährt man, daß die in Linz mit beträchtlichen Mitteln errichtete Baumwoll­spinnerei ihre Produktion nahezu völlig einstellen mußte, da das aus dem Ausland benötigte feine Garn nicht mehr bzw. nur in beschränkten Mengen eingeführt wer­den konnte. Der daraus entstandene Verlust für die Kompanie wurde von der Hof­kommission auf 20 000 Gulden pro Jahr geschätzt. Zudem setzten sich angeblich die Zollbehörden über die der Gesellschaft gewährten Privilegien hinweg. Die Hof­kommission erwog ernsthaft, ob unter diesen Umständen die geschäftlichen Ver­pflichtungen der Orientalischen Handelskompanie nach der Levante und dem We­sten überhaupt noch aufrecht zu erhalten wären, und schlug als ersten Sanierungs­versuch die Kassierung bzw. Verlagerung der Fiumaner Expositur, die an Miete und Personalaufwand jährlich 18 000 Gulden aufzubringen hatte, nach Triest vor. Eine Entscheidung, die nicht schwer fiel, da der Betrieb der in Fiume errichteten Tau- und Zuckerfabrik aus Geld- und Rohstoffmangel ohnehin eingestellt werden mußte. Im angeführten Bericht werden auch die Ausgaben der Kompanie genannt, denen bedauerlicherweise die einzelnen Einnahmen nicht gegenübergestellt werden. So HHStA Wien, Österreichische Akten, Triest-Istrien, Fasz. 9, fol. 462 bis 474r, Bericht der „Commissione Aulica Deputata per le materie di commercio“. 66

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