Sonderband 3. „wir aber aus unsern vorhero sehr erschöpfften camergeföllen nicht hernemben khönnen…” – Beiträge zur österreichischen Wirtschafts- und Finanzgeschichte vom 17. bis zum 20. Jahrhundert (1997)

† Peter Gasser: Karl VI., Triest und die Venezianer

Kart VI. Triest und die Venezianer mit Wein, Salz und Fleischwaren aufflog, schienen Gerüchte über permanente Miß­stände bestätigt102 103. Der Geschäftsgang der Gesellschaft konnte von Anfang an den an höchster Stelle gehegten Erwartungen nicht entsprechen. Die Operationen erscheinen ungeschickt durchgeführt; alles geschah langsam mit Vorbehalt und ohne schriftliche Zusagen - con cento riserve e senza impegni scritti'm. Schon wenige Jahre nach ihrem Beste­hen zogen sich mehrere Hauptaktionäre aus der Kompanie zurück, die ihre Werft an den Staat verkaufte. Das Unternehmen mußte ständig mit Verzögerungen im Wa­renversand rechnen, da die großen Straßen z. T. noch in Bau und die Wegverhältnis­se namentlich im Winter schlecht waren. Die Gewinnsummen waren niedrig. Dazu kamen die hohen Auslagen der Schiffsinstandhaltung und Mannschaftsbesoldung sowie die beengten Hafenverhältnisse in Triest und Fiume. Die großen Fernsegler konnten an den Molen der Hafenanlage Triests nicht anlegen, mußten vielmehr auf offener Reede vor Anker gehen, wo auch Aufnahme und Löschung der Frachten erfolgen mußte. Dem Drängen der Gesellschaft nachgehend entschloß sich die Gemeinde 1721/22, den stark versandeten Hafen ausbaggern zu lassen. Der mit diesen Arbeiten betraute Venezianer Giovanni Minussi erhielt zwar die geforderten 5 000 Gulden, brachte aber an Brauchbarem nichts zustande. Die 1735 mit primitiveren aber zweckmäßige­ren Mitteln vorgenommene Baggerung konnte den damaligen Anforderungen zur Not entsprechen. Eine nicht zu unterschätzende Verzögerung erlitt die Schiffahrt durch die in Ve­nedig gehandhabten Quarantänevorschriften. Nicht immer in der Lage, die österrei­chische Handelsschiffahrt durch Gewaltanwendung zu unterbinden, wandte die Se­renissima gegenüber den Venedig anlaufenden Schiffen der Orientalischen Handels­kompanie schikanöse sanitäre Maßnahmen an. Schiffe aus Triest oder Dalmatien wurden den gleichen langwierigen und kostspieligen Prozeduren unterzogen wie die aus Smyrna oder Konstantinopel ankommenden Femsegler. Diese Maßnahmen mußten nach dem Jahre 1725 als verletzend empfunden werden, da zu diesem Zeit­punkt das für Tiest geplante Lazarett bereits in Betrieb war104. Die weitgehend nach venezianischem Vorbild - li Veneziani in materia di Sanità vogliono dar norma - in 102 Auch bezüglich Zollfragen, Weinausschank und städtischen Abgaben dürfte es zu Reibereien gekommen sein. Die Kompanie, der auch auf dem Gebiet der Weineinfuhren erhebliche Begünstigungen eingeräumt worden waren, durfte auf ihrem Werftgelände eine „Osteria“ errichten und importierte Weine ausschen­ken. Davon brauchte sie für drei aufeinander folgende Jahre nur 7 % Abgaben an die Stadt entrichten. Die Gemeinde durfte jedoch jede ihr zweckmäßig erscheinende Maßnahme zur Unterbindung illegaler Wein- einfuhren nach der Stadt ergreifen, da der Weinkonsum in der „Osteria“ nur Angehörigen der Kompanie erlaubt war. 103 B u s s o 1 i n : Compagnia Orientale, S. 60. 104 HHStA Wien, Österreichische Akten, Triest-Istrien, Fasz. 9, fol. 279v „... Li Lazaretti fabricati à Trieste e Fiume e li magazini destinati per lo Spurgo delle mercanzie sospetta sono stati ridotti à perfezione, e come Noi toccante alia contumacia in breve fisseremo e daremo alia stampa adeguato regolamento. Cosi pari- mente havremo la Cura, accio colFassistenza Divina e con tenere tutta la necessaria vigilanza li Nostri Porti Maritimi, e Paesi dell’Austria interiore vengono preservati da morbi communicativi, e da infermità pestilenziali ..." (aus einem kaiserlichen Handbillet vom 19. Dezember 1725). 65

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