Sonderband 3. „wir aber aus unsern vorhero sehr erschöpfften camergeföllen nicht hernemben khönnen…” – Beiträge zur österreichischen Wirtschafts- und Finanzgeschichte vom 17. bis zum 20. Jahrhundert (1997)
† Peter Gasser: Karl VI., Triest und die Venezianer
Peter Gasser von der „augusta Famiglia“ des Kaisers stets anerkannt worden sei, erscheine nunmehr auf das Gröbste verletzt38. Die Informationen waren gut bezahlt: Karl VI. hat mit Patent vom 2. Juni 1717 die Freiheit der Schiffahrt verkündet und zwei Jahre später, am 15. März 1719 die beiden Seeplätze Triest und Fiume zu Freihäfen erklärt. Großzügig gestand der Monarch am 2. Juni 1717 den „... Insassen und anderen Getreuen, welche zur Einführung der Schiffahrt und des Commercii mit ihren Schiffen von unseren innerösterreichischen Meerporten auslaufen werden die Führung der landesfurstlichen Flagge und versprach letztere, falls sie „... von einer anderen Potenz wider Verhoffen angehalten oder sonsten turbiert und beeinträchtigt werden sollte, kräftigst zu schützen ... desgleichen Torto und Schaden auf alle Weiße zu verdiciren ,..“39. Derselbe Schutz sollte auch fremden Kaulfahrern bei Anlaufen österreichischer Häfen in der Adria zuteil werden. Die kaiserliche Politik, die trotz militärischer Erfolge gegen die Osmanen vorsichtiger und zögernder werden sollte, scheute im Grunde selbst vor Differenzen mit der Serenissima zurück. Daher blieb das den Seefahrern und Kaufleuten am 2. Juni 1717 gegebene Schutzversprechen eine Leerformel, da die zu seiner Einhaltung notwendigen Seestreitkräfte von Anfang an nicht bzw. nur in unzureichender Anzahl vorhanden waren. Das Patent vom 2. Juni 1717 kam für Venedig nicht unerwartet. Grimani hatte promt eine Kopie der auch in italienischer Sprache publizierten kaiserlichen Entschließung dem Senat übermittelt. Natürlich pochte die Signoria auch weiterhin auf ihre geheiligten Vorrechte in der Adria. Schon im Dispaccio vom 19. Juni 1717 erwähnt Pietro Grimani, daß der Kaiser dem Hafen von Triest verschiedene Privilegien zu erteilen plane, um von dort aus einen uneingeschränkten Handel zu ermöglichen. Es wird hier also implicite dem später am 18. März 1719 erlassenen Freihafenpatent vorgegriffen und es ist nicht mehr verwunderlich, daß in den Dispacci des Jahres 1719 die Erklärung Triest und Fiumes zu Freihäfen - Porti franchi - nicht mehr ausdrücklich erwähnt wird40. Daß Venedig durch seine Botschafter in Wien ständig die unbedingte Herrschaft im „Golfo“ reklamierte, worunter die Serenissima die Adria überhaupt meinte, darf nicht verwundern. Es wäre aber unrichtig, diese Taktik der Venezianer als bloßes HHStA Wien, StA Venedig, Dispacci die Germania, Bd. 207, pag. 495 f., Disp. 291, Mödling, 22. Mai 1717, und Bd. 207, pag. 511, Disp. 293, Mödling, 29. Mai 1717. 39 Ebenda, Bd. 207, pag. 547, 549 und 551, Disp. 299, Simmering, 19. Juni 1717 „... che si formera nella cancelleria di Corte l’abbozzo d’un Diploma per concéder al Porto di Trieste varii Privilegi a fine di render più spianata l’idea gia concepita d’aprire tra quelle Rive la via ad un più facile, e più ubertoso commerico ... il Dritto de Vostre Eccelenze sopra l’Adriatico ... ehe questi Dritti sono stati de Vostre Ec- celenze acquistati à conti di tanti tesori, et autenticati col sangue de suoi sudditi, e di suoi Cittadini ...“ Ebenda, Bd. 207, pag. 592, Disp. 303, Simmering, 3. Juli 1717 .....li titoli su l’Adriatico fondati sopra il più giusto Diritto e il più antico e riconosciuto posesso ...“. Ebenda, Bd. 207, pag. 626, Disp. 307, Simmering, 17. Juli 1717 „... che la publica Sovranita sopra l’Adriatico era il Diritto più antico ... ed il più sacro“. 40 Allgemeines Verwaltungsarchiv [AVA] Wien, Patentesammlung, Karton 9. 44