Schiriefer, Andreas: Deutsche, Slowaken und Magyaren im Spiegel deutschsprachiger historischer Zeitungen und Zeitschriften in der Slowakei - Interethnica 9. (Komárno, 2007)

2 Methodische und analítische Grudnlagen

Sicherlich sind letztlich leider nicht aile in den untersuchten Quellenkorpora vorkommende Sprechakte aufzuklären oder vielmehr aufzuhellen. So bleibt allzu oft etwa die Autorenschaft einzelner Beiträge und Artikel im Dunkeln - ein großes Problem bei der Auswertung der historischen Zeitschriften, welches sich noch an vielen anderen Stellen bemerkbar machen wird. Dennoch eignen sich gerade auch Zeitungen und Zeitschriften als Quellengrundlage einer prak­tizierten Diskursgeschichte. Ausgangspunkt der zugrundegelegten Theorien ist die enge Verzahnung von Begriffs- und Diskursgeschichte mit der Sozial­geschichte. Dieser Verknüpfung kommt die Unmittelbarkeit und die Ausrichtung auf eine breitere Öffentlichkeit der Zeitungen entgegen. So war es eine wieder­holte Kritik gerade gegenüber den frühen Arbeiten Kosellecks, dass er sich in seiner Quellenauswahl lediglich an etablierten, gesellschaftlich weniger rele­vanten und repräsentativen Texten und Artikeln - an Beiträgen großer Theoretiker von Aristoteles bis Karl Marx - orientierte. 2.2 Inhaltliche Analysekriterien Doch nun zu den Kriterien und den Analysekategorien, mit denen die Inhaltsseite der ausgewählten Texte bearbeitet werden soll. Wichtig erscheinen erstens die Begriffe, oder vielmehr das Begriffspaar Loyalität und Solidarität und damit die Stellung einzelner Gruppen zum Staat, zweitens das Selbst­bewusstsein der einzelnen Gruppen, der sogenannten „Wir-Gruppen“. Es kann sich hier um das Bewusstsein einer ethnischen Gemeinschaft, über eine Volksgemeinschaft bis hin zu einer nationalen Gemeinschaft handeln - gleich­sam die Stellung der diversen Gruppen auf einer vorgestellten Skala, die die Ausbildung einer potentiellen Nation abbildet. Damit ergibt sich natürlich auch sofort die Frage, ob die Vorstellung einer solchen Skala für die Entwicklung von Nationen zulässig ist. Kann man überhaupt von der „Bildung“ von Nationen sprechen, oder sind sie nicht immer schon existent, müssen lediglich erweckt werden, wie es die Forschungsrichtung der Primordialisten zu erklären versucht? Es erscheint sinnvoll, vor der eigentlichen Analyse anhand einer Kategorie „Nation“ die zugrunde gelegten Theorien von Nation und deren Ausbildung, damit zusammenhängend auch die Vorstellung von Nationalismus, offen zu legen und kurz zu erläutern. Dies wird jedoch in der vorliegenden Arbeit nur wenig Raum einnehmen, da in der Literatur hier bereits ein reichhaltiges Orientierungsangebot vorliegt. Eine dritte Analysekategorie wäre der Grad an Stereotypisierungen, der in den Texten vorgefunden wird. Mit Ausnahme der Solidarität lassen alle Analysekategorien nur indirekte Schlüsse auf das Verhältnis der beteiligten Gruppen zu. Die Loyalität lässt sich als eine vertikale Verbindung zwischen einer bestimmten Gruppe und dem Staat vorstellen, auch das „Wir-Bewusstsein“ der einzelnen Gruppen ist im Grunde genommen eine in sich geschlossene Kategorie. Selbst der Grad der Stereotypisierung einer bestimmten Gruppe muss noch nicht zwangsläufig direk­te Rückschlüsse auf das praktische Verhältnis etwa zwischen der 17

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