Schiriefer, Andreas: Deutsche, Slowaken und Magyaren im Spiegel deutschsprachiger historischer Zeitungen und Zeitschriften in der Slowakei - Interethnica 9. (Komárno, 2007)

1 Einleitung

1. Einleitung Oft stand die Slowakei in der Vergangenheit im Vergleich zu anderen Staaten Ostmitteleuropas im Schatten. Erklärbar ist dies vor allem aus der spezifischen Geschichte des Landes. Während sich in Böhmen und Mähren-Schlesien schon Anfang des 10. Jahrhunderts die Herrschaft der Premysliden etablierte, die von Anfang an an guten Beziehungen zum vorerst noch fränkischen Reich inter­essiert waren, bildeten die Slowaken - abgesehen von ihrer Geschichte im 20. Jahrhundert - nie einen eigenen Staat. Stattdessen gehörte das Gebiet seit der Eroberung durch die Ungarn im 10. Jahrhundert bis ins Jahr 1918 dem ungarischen Staat an. Doch gerade das Zusammenleben von Magyaren, den im sechsten Jahrhundert in dieses Gebiet eingewanderten Slawen und den schon früh im Rahmen der bayerischen Missionstätigkeiten im 8. Jahrhundert in das Land gekommenen Deutschen, macht die Beschäftigung mit der Geschichte beziehungsweise mit der Ethnographie der Slowakei so ungemein interessant. Vor allem im 13. Jahrhundert gewährten ungarische Herrscher den Deutschen günstige Konditionen, um sich in den Gebieten des damaligen Oberungarn anzusiedeln und dort ihre Produktivität unter Beweis zu stellen. So etwa durften sie Städte nach ihrem eigenen Recht gründen - ein Vorteil, der sie von der übrigen einheimischen Bevölkerung abhob. Schon früh entstand daher eine blühende - zumindest in ihren Führungsschichten überwiegend deutsche - Städtelandschaft, die teilweise (hier v.a. die Bergstädte oder auch Preßburg) bis ins 18. Jahrhundert, in Ausläufern bis 1945, fortbestand. Nicht immer gestal­tete sich dabei das Zusammenleben der einzelnen Bevölkerungsteile, ins­besondere der Slawen und Deutschen, reibungslos. Wie in Ungarn insgesamt, so waren auch in Oberungarn die nichtmagya­rischen Bevölkerungsteile vor allem im 19. Jahrhundert einer repressiven mag­yarischen Sprachpolitik ausgesetzt, die sich gegen Ende des Jahrhunderts zu umfassenden Assimilierungsmaßnahmen weiterentwickelte. Teile der slowaki­schen Bevölkerung - hier besonders der Adel - als auch der Deutschen gaben diesen Maßnahmen, diesem Druck, zunehmend nach, andere widerstanden. Dies führte zu Spannungen und Verwerfungen, zu komplizierten Konstellationen. Man muss also alle drei Bevölkerungsgruppen gemeinsam betrachten. Die vorliegende Dokumentation macht es sich zum Ziel, die Art und Weise zu untersuchen, in der innerhalb der deutschen Zeitungen Oberungarns diese beteiligten Volksgruppen charakterisiert und ihre Beziehungen zueinander dargestellt wurden. Nach welchen Grundlagen und Maßstäben diese Untersuchung erfolgt, wird im folgenden Kapitel noch weiter ausgeführt werden. Ausgehend von einer Analyse der in den Artikeln begegnenden Schlüsselbegriffe, die sich methodisch an der modernen Begriffs- und Diskursgeschichte orientiert, erstreckt sich die 9

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