Schiriefer, Andreas: Deutsche, Slowaken und Magyaren im Spiegel deutschsprachiger historischer Zeitungen und Zeitschriften in der Slowakei - Interethnica 9. (Komárno, 2007)
1 Einleitung
Aufmerksamkeit über Anzeichen von Loyalität - auch als Indikator für bestimmte Verhältnisse und Beziehungsgeflechte - ethnischer und nationaler Identität bis hin zu auftauchenden Konzepten von Nation und Nationalität. Hier geht es vor allem darum, in welcher Form die Entwicklung von Nationen und Nationalismen wahrgenommen, wie darauf publizistisch reagiert wurde. Hinsichtlich des untersuchten Zeitraumes wird ein Rahmen vom ausgehenden 18. Jahrhundert bis hin zum Österreichisch-Ungarischen Ausgleich von 1867 beziehungsweise den damit verbundenen Ausgleichs- und insbesondere Nationalitätengesetzen von 1868 gesetzt. Ein spezielles Jahr für den Beginn dieser Untersuchung zu fixieren bedarf folgender Überlegungen. Auf den ersten Blick böten sich zwei Möglichkeiten an. Zum einen das Erscheinungsdatum der verwendeten Zeitungen. Als frühestes deutschsprachiges Blatt im ungarischen Raum käme dafür die erste Ausgabe der Preßburger Zeitung aus dem Jahr 1764 in Frage. Daran schließen sich das Preßburgische Wochenblatt (1771), das Ungarische Magazin (1781) und das Neue Ungarische Magazin (1791) an. Jedoch kann davon ausgegangen werden, dass man zumindest in der ältesten Phase der Zeitungen, bis 1780, kaum Belege für Charakterisierungen, geschweige denn Verhältnisse von Nationalitäten finden würde. Gerade in der Preßburger Zeitung beschränkte man sich anfangs ganz auf die kommentarlose Berichterstattung von zumeist internationalen Ereignissen. Aus diesem Grund ist es eher ratsam, sich an geschichtlichen Ereignissen und Entwicklungen des ausgehenden 18. Jahrhunderts zu orientieren, durch die sich auch die Inhalte und die Berichterstattung in den Zeitungen allmählich veränderten. Den entscheidenden Einschnitt bildeten hier wohl die Reformen Josephs II., mit denen er allzu hastig die Vereinheitlichung des Staates vorantreiben wollte und damit doch gerade im Hinblick auf die einzelnen Nationalitäten zum Gegenteil beitrug. Die Einführung des Deutschen als Amtssprache im ganzen Reich anstelle des neutralen Latein bewirkte erst eine Rückbesinnung auf die eigenen Nationalsprachen. Andererseits förderte er absichtlich die Weiterentwicklung dieser Sprachen. Im Zuge der „Volksbildung“ wurden Maßnahmen zur Ausbildung von Lehrern in der Volkssprache getroffen. Im Rahmen der hierfür vorgesehenen Bildungsanstalt des katholischen Seminars - damals auf der Preßburger Burg angesiedelt - entwickelte Anton Bernolák1 die erste slowakische Grammatik und Rechtschreibung (1787). Auch hinsichtlich der Entwicklungen der Zeitungen und ihrer Berichterstattung selbst wirkten die Gesetze Josephs epochemachend. Entscheidend ist hier die Zensun/erordnung vom 11. 7. 1781. Sie förderte den Aufschwung der Aufklärungsliteratur ebenso wie den des ungarischen Pressewesens. Erst angesichts solcher Daten ergibt sich ein sinnvoller Beginn für eine Untersuchung, die die zunehmenden 1 Anton Bernolák (Geb.: 3.10.1762 Slanica, gest. : 15.1.1813 Nové Zámky), Theologe und Linguist. 1778-1784 Studium in Preßburg, Tyrnau und Wien. Kodifizierte erstmals die slowakische Schriftsprache nach einem westslowakischen Dialekt (Bernolákovčina). Führende Persönlichkeit der Sozietät „Slovenské učené tovaryšstvo". 10