Liszka József (szerk.): Az Etnológiai Központ Évkönyve 2017 - Acta Ethnologica Danubiana 18-19. (Dunaszerdahely-Komárno, 2017)

Tanulmányok, közlemények - Voigt Vilmos: Magyar néprajz - magyar nemzetrajz? A kezdetektől az első világháborúig

zur mündlichen Äußerung geleitet. Aber auch das Ausleben der inneren Bewegungen war an Regeln gebunden: in gewissen Situationen musste auch die gesprächigste junge Frau schwei­gen, zum Beispiel am Totenbett, bzw. musste der schweigsamste Mensch das Wort ergreifen. In allen Gemeinschaften gibt es Wortführer, Tonangeher, die darüber berichten, wie etwas früher gemacht wurde, wie man es jetzt machen müsste oder eben gerade verhindern sollte. Ihnen kommt nicht nur beim Aufrechterhalten der Traditionen eine wichtige Rolle zu, sondern oft auch beim Zustandekommen derselben. Zum Beispiel solche Spezialisten, wie der fähige Brautführer, der nicht nur den gelernten Text vortragen kann, sondern auch improvisieren, die Situation erkennen und auf unvorhergesehene Fragen eine Antwort geben kann usw. Durch Gespräche kommt es im Leben des Einzelnen und in dem der Gemeinschaft zur Vorbereitung von zahlreichen Ereignissen und deren Durchführung: Errichtung einer Scheune, Kauf eines Fuhrwerks, Organisierung der Vorbereitimgsarbeiten für eine Hochzeit oder für ein Begräbnis, die Art und Weise, wie sich das Dorf selbst verwaltet (Vertrag mit den Hirten, Wahl des Presbyteriums, Berufung des Geistlichen, Wahlreden) etc. Die Folkloristen zeichnen im allgemeinen auf, welche heiligen Gesänge bei einer Wallfahrt gesungen werden, was für Mär­chen während des Fischfanges erzählt werden - aber im Gegensatz zu den Handlungen sind besonders gute Beispiele zu finden, wie vielseitige Funktionen das Gespräch in der Gesell­schaft erfüllt (Balázsl993; Kiefer 1977; Terstyéni 1995; Szabó T. 1980). Das primär verbale Mittel der Kontaktaufnahme, zur Schaffung und Beendigung eines Anlasses zum Gespräch ist die Begrüßung (Hidasi 1975). Im Dorf grüßt im Prinzip - selbst heute noch - jeder jeden, dem er auf der Straße begegnet. Es ist aber interessant, diese Grundsituation auch differen­zierter zu untersuchen. Die erste Frage ergibt sich selbstverständlich daraus, wer wen zuerst grüßt. Diese Reihenfolge ergibt sich durchaus aus den gesellschaftlichen Machtverhältnis­sen. Allerdings gibt es keine genauen Untersuchungen darüber, wie sich die Reihenfolge bei den Situationsvarianten Frauen—Männer, Alte-Junge, Kinder-Erwachsene, Kinder-Alte und andere gestaltet, bzw. welche Variationsmöglichkeiten sich auf welche Weise verwirklichen. Ein Gespräch anregen, sich in ein Gespräch einlassen, das kann auch die sich dahinter verber­genden Verhältnisse verraten. Die Teilnahme am Gespräch bietet die Möglichkeit, dass sich die daran Beteiligten selbst so zeigen, wie es ihnen ihre gesellschaftliche Rolle, ihre im Netz der gesellschaftlichen Verhältnisse eingenommene Stellung sowie die zwischen ihnen beste­henden persönlichen Verhältnisse es gestatten. Weitere besonders interessante Verhältnisse kann eine gegenwärtig durchgefuhrte Untersuchung aufdecken, nachdem neue Begrüßungs­formeln aufgekommen sind (Grüß Gott - Hallo). In manchen Dörfern, beim Begegnen zweier Erwachsener nach den gegenseitigen Begrüßungen, soll ein kurzes Gespräch mit einer Frage anfangen. Sowohl die Frage als auch die Antwort sind oberflächlich, und nur die Tatsache des Wortwechsels ist von Bedeutung (Vargyas 2006). Ähnlich ist der Fall, bei dem ein Junge sich am Abend mit seiner Geliebten treffen wollte; er hat seinen Freund geschickt, mit poetisch formulierten Worten dazu die Erlaubnis der Eltern errbeten.12 Nicht nur das Anreden, das Rufen, sondern auch das Morgen-, das Tisch- und das Abend­gebet wiederholen sich täglich (Erdélyi 2013). Einer der größten Erfolge der ungarischen folk­­loristischen Forschungen ist die Entdeckung der Gebete, die archaische poetische Formen bewahrt haben (Erdélyi 2013). Leider sind die Anlässe für Bittgebete noch nicht gründlich untersucht. Es ist bekannt, dass vor dem Abreisen, bei Beginn verschiedener Arbeiten ein Bittgebet gesprochen wurde. Ein Segensspruch beim Schneiden des frisch gebackenen Brotes ist auch allgemein bekannt. 12 Persöhnliche Mitteilung von L.R. in Homokmégy, 2002. 35

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