Liszka József (szerk.): Az Etnológiai Központ Évkönyve 2015 - Acta Ethnologica Danubiana 17. (Dunaszerdahely-Komárno, 2015)

Tanulmányok - Viga Gyula - Viszóczky Ilona: A bodrogközi borról és a mai borünnepről

schiedenen Gemeinden der Südslowakei stammen. So hat es auch der Inhaber festgehalten: „Da wir Gegenstände aus 50 Gemeinden von Kaschau bis Párkány besitzen, haben wir uns entschieden, unser Museum Felvidéki FIáz (Oberländisches Haus) zu nennen“1. Anschließend erklärt er uns ganz detailliert die Flerkunft der einzelnen Gegenstände: Wir haben „aus Tornaija ein Fuhrwerk, aus Uhliska eine Pelzjacke sowie eine Tonnenkarre aus schwarzem Tannenholz, aus Nemesócsa einen Pflug, die Körbe haben wir wiederum von Vince Buják aus Tardoskedd fertigen lassen“2. Die Objekte repräsentieren also nicht die jeweilige Lokalkultur, sondern eine Mischkultur verschiedener südslowakischer Regionen, eine Art virtueller „ungarischer Volkskultur innerhalb der Slowakei“. Im Rahmen der Eröffnungszeremonie wurde auch ein Speerholz eingeweiht, das zum Andenken jener Dorfbewohner gestiftet wurde, die 1947 vom Barsvárad nach Ungarn deportiert wurden. Ich will die Sammlung fachlich nicht beurteilen, möchte jedoch auf deren ideologische „Botschaft“ aufmerksam machen (die wahrscheinlich nicht einmal bewusst entstanden ist): Es handelt sich um die Verewigung eines lokalen Ereignisses (die Deportierung eines großen Teiles der Dorfbewohner) durch ein universales Symbol des Ungamtums, das Speerholz3 - darüber hinaus um die Füllung eines örtlichen Bauernhauses mit einem Objektfundus, der weder kulturell noch regional einheitlich ist. All dieses erhebt das Lokale auf eine höhere Stufe, auf die Ebene einer virtuellen nationalen Minderheit. An die Tragödie der Ortsbewohner, die Deportation, erinnert ein national konnotiertes Gemeinschaftssymbol, aus dem heimischen Bauernhaus wird eine Gedenkstätte einer größeren Kommunität, ein „Oberländisches Haus“ kreiert. Die Delokalisierung bestimmter Phänomene ist im Kreise derjenigen, die sich mit Volkskultur beschäftigen, nichts Neues. Sie können sich sogar auf prominente Vorgänger beziehen (selbst wenn es nicht bewusst passiert) wie zum Beispiel die Brüder Grimm. Unlängst wurde es von Siegfried Becker exemplarisch dargestellt, dass zwei Erzählungen der Kinder- und Hausmärchen von Jacob und Wilhelm Grimm - die nachweis­bar in Marburg aufgezeichnet wurden - bewusst delokalisiert wurden, indem die Brüder in ihren Notizen und Kommentaren diese Stücke einfach als hessisch bezeichnet haben. Damit wollten sie ihre allgemeinere Gültigkeit, ihr urwüchsig hessisches Wesen betonen, wobei inzwischen festgestellt wurde, dass ihr typisch „hessischer“ Informant in Wirklichkeit huge­nottischer Abstammung war (Becker 2013, 67-68)4. Neben der Volksdichtung, der Volksmusik und dem Volkstanz ist vor allem die Volkstracht ein Phänomenkreis, der bereits seit der Entfaltung der Volkskunde als eigenständiger Wissenschaft als eines der am meisten charakteristischen nationalen Wesensmerkmale gilt. Das lässt sich für so gut wie für alle Nationen Europas behaupten. Die Volkstracht wird heut­zutage vor allem in der öffentlichen Meinung als eines der wesentlichen Ausdrucksmittel für die Kultur einer bestimmten Nation angesehen, wobei man zugeben muss, dass die Volkskunde zu dieser Tendenz seit jeher „gehörig“ beigetragen hat. Wenn nicht anders, dann gerade durch ihr Schweigen, indem sie die romantischen Vorstellungen - wie man heute in der Politik zu sagen pflegt - weder bekräftigen noch bestreiten wollte. 1 Eine Berichterstattung, die auf einem Artikel des Wochenblattes Szabad Újság beruht: http://www.bumm.sk/ 869/cikk.html (abgerufen: 01. 06. 2013.)_ ln der Broschüre mit dem Titel Skanzen (!), die dem Landesmuseum gewidmet ist, ist die Gesamtzahl der einbezogenen Gemeinden inzwischen auf 60 gestiegen (vgl. L. Juhász 2011, 19). 2 http://www.bumm.sk/869/cikk.html (abgerufen: 01. 06. 2013.) 3 Die zierlich geschnitzten Speerhölzer fungieren im Kreise der südslowakischen Ungarn als Symbole des Ungamtums (vgl. L. Juhász 2005; L. Juhász 2008). 4 Zur detaillierteren Darstellung der Problematik s. die Rezension zur Publikation Die Brüder Grimm in Marburg (hrsg. von Andreas Hedwig) in der Rezensionsrubrik des vorliegenden Bandes. 134

Next

/
Oldalképek
Tartalom