Liszka József (szerk.): Az Etnológiai Központ Évkönyve 2015 - Acta Ethnologica Danubiana 17. (Dunaszerdahely-Komárno, 2015)

Tanulmányok - Viga Gyula - Viszóczky Ilona: A bodrogközi borról és a mai borünnepről

Mein zweites Beispiel führt in diese Welt, in die Welt der Volkstracht. Da ich mich selbst nicht der Volkstrachtenforschung widme, möchte ich zu diesen Fragen keine Stellung nehmen (also beurteilen, inwiefern die Tracht einer Gemeinde „ungarisch“ oder „authentisch“ ist oder nicht, ganz zu schweigen davon, ob eine solche Fragestellung überhaupt berechtigt ist) - ledig­lich möchte ich die ideologische Aufladung des Phänomens bzw. dessen zugrunde liegenden ideologischen Mechanismen offen legen (vgl. Hofer 2009; Lozoviuk 2008, 189-197). Beginnen wir mit einem kurzen chronologischen Überblick. Die Sektion für Kindergartenpädagogik der Vereinigung der ungarischen Pädagoglnnen in der Slowakei hat unter der Leitung von Eszter Kerekes Szobiné aus Búcs im Jahre 1996 eine Bewegung in Gang gebracht - das Hauptziel dieser Bewegung war, dass jede der involvierten Gemeinden eine SO­SO cm große Puppenfigur erhalten hat, für die man anschließend die charakteristische (genauer gesagt: die als charakteristisch erachtete) Tracht der jeweiligen Gemeinde nähen lassen sollte. Die Zahl dieser Puppen - später Puppenfamilien - wuchs allmählich an, so dass es möglich wurde, sie im Rahmen einer Ausstellung zu präsentieren. Diese Ausstellungen haben dann wei­tere Puppen hervorgebracht. Zwischen den Autoren der winzigen Volkstrachtfiguren ist eine „gesunde Rivalität“ entstanden (wie es einer der Organisatoren auf den Punkt gebracht hat). Inzwischen war die Ausstellung an insgesamt mehr als hundertfünfzig Schauplätzen zu sehen (unter anderem auch auf der Weltausstellung Expo 2000 in Hannover) - und nun ist die Sammlung nach Búcs zurückgekehrt, in das Dorf, wo die eigentliche Idee entstanden ist. Hier wurde ein verhältnismäßig altes Bauernhaus für museale Zwecke umgestaltet, in dem die beklei­deten Figurengruppen (die insgesamt 41 ungarisch sprachige Gemeinden der Südslowakei umfassen) von nun an auf Dauer untergebracht wurden. Es handelt sich dabei mehrheitlich um 4-5-köpfige „Familien“, so dass wir es mit insgesamt mehr als zweihundert Trachtenpuppen zu tun haben. Während die Organisatoren die Vielfalt der ausgestellten Trachten nicht leugnen (es wurden innerhalb der Sammlung 11 Trachtengruppen bestimmt), möchten sie diese in einem ein­heitlichen Rahmen präsentieren: im Rahmen einer eigenständigen ungarischen Kultur der Slowakei. Zur Betonung des ungarischen Charakters der Ausstellung haben auch die Äußerlich­keiten der offiziellen Ausstellungseröffnung beigetragen. Das in ungarischen Nationalfarben aus­geführte trikolore Band wurde von der Europaabgeordneten Edit Bauer, einer prominenten Vertreterin der Partei der Ungarischen Koalition (Magyar Koalíció Pártja) durchgeschnitten. Auf zahlreichen (sowohl ausgestellten, als auch live präsentierten) Volkstrachten lässt sich eine rot­weiß-grüne Farbdominanz feststellen, oft auch so, dass die einzelnen Trachtenstücke insgesamt ein ungarisches Nationalkolorit hervorbringen: roter Jungfernkranz, weiße Bluse, grüner Rock, oder aber ein Rock mit einem rot-weiß-grünen Saum... Die Vorannahme, dass es sich um einen ungarischen Phänomenkreis aus der Slowakei handelt, stützt sich auf das „Sammelgebiet“ der Trachtenpuppen, auf die Landkarte, die dieses Gebiet veranschaulicht, sowie auf den Wortgebrauch der Organisatoren (felvidéki - oberländisch). Dabei ist gerade dieser vermeintli­che slowakische Rahmen bezüglich der ausgestellten Figuren praktisch irrelevant, denn selbst wenn viele dieser Trachten gar nicht so alt sind, wie es die Ideenstifter oft vermuten, im Grunde genommen sind sie dennoch zu jener Zeit entstanden, als das Ungamtum in der Slowakei als eigene Kommunität noch lange nicht existiert hat. Der Fakt, dass sie nun in einem gemeinsamen Rahmen präsentiert werden, ist im Wesentlichen nichts Anderes als eine nachträgliche Konstruktion, die auf der Kenntnis der entstandenen Situation beruht. Beide Initiativen, und vor allem deren Medienresonanz, suggerieren, direkt oder indirekt, dass es eine mehr oder weniger einheitliche, spezifische ungarische Kultur in der Slowakei gebe — oder in deren Wortgebrauch eine „oberländische“ (felvidéki) Volkskultur. Diese Volkskultur diene der Stärkung der oberländisch-ungarischen Identität. Im Zusammenhang mit dieser Behauptung möchte ich nun mindestens zwei wichtige Bemerkungen anbringen. 135

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