Liszka József (szerk.): Az Etnológiai Központ Évkönyve 2013 - Acta Ethnologica Danubiana 15. (Dunaszerdahely-Komárno, 2013)
Tanulmányok - Bausingr, Hermann: Hamupipőke. A mesei jelképek problematikájához
er: die Jahrhunderte hindurch gepflegte Konservierung ihrer Auffassungen — bekämpfte. Derselbe Mommsen, der sich ja von den Quellenaussagen geleitet glaubte, idealisierte Caesar und den republikanischen Senat im Sinne der radikalen Demokraten des 19. Jahrhunderts, wie auch seine Darstellung von Cicero und dessen Anhang weniger durch die Quellen als durch die Verachtung des preußischen Junkertums geprägt ist. Zu recht ähnlichen Feststellungen führten die Referate meines im letzten Semester veranstalteten Seminars über die Ethnologie des 18. Jahrhunderts: Einerseits hat sich eindeutig gezeigt, dass wir - heute und hier - auf die wissenschaftliche Literatur des 18. Jahrhunderts nicht verzichten können; andererseits konnte aber nicht übersehen werden, dass die herangezogenen Werke uns oft weniger von fremden Völkern als vom Europa der Aufklärung vermittelten. Es ist freilich nicht grundsätzlich auszuschließen, dass die modeme Ethnologie auch im Hinblick auf Objektivität mehr kann als die Wissenschaft der Antike oder des 18. Jahrhunderts. Was „modeme Ethnologie“ für mich bedeutet, davon werde ich noch einige Worte sagen; vorläufig sei nur betont, dass vieles davon, was heute angeboten wird, in Wirklichkeit weder modem noch Wissenschaft ist. Die Warnung ist nicht unbegründet: Sowohl in der Ethnologie als auch in den Nachbardisziplinen begegnet man gar nicht so selten dem mitleiderregenden, aber auch schädlichen Typ des akademischen Jägers und Sammlers, der ständig in der Angst lebt, eine gestern aufgetretene „neue Richtung“ übersehen und den Anschluss verpasst zu haben. In Wirklichkeit sind z. B. die von Stanislav Andreski mit berechtigter Wut besprochenen „Schulen“ und ,,-ismen“ bestenfalls überflüssig, weil sie weder neue Fragen stellen noch bisher unerkannte Zusammenhänge nachweisen können; sie sind sogar schädlich, weil sie längst Bekanntes vernebeln. Noch entschlossener müssen wir uns von den pseudomodernen Irrationalismen distanzieren, die auf dem deutschen Markt gegenwärtig - neben den Jungianem - vor allem durch den Castaneda-Exegeten Hans Peter Duem vertreten sind. Letzterer lebt seit über 10 Jahren davon, eine einzige These in verschiedenen Formulierungen zu wiederholen. Nach dieser These haben „alte und fremde Völker“ erkannt, man müsse „den Weg durch den Wahnsinn gegangen sein, um allererst ein Wissen um die Normalität, das Alltagsleben erlangen zu können“; nun sei für uns Europäer - besonders aber für die Ethnologen - nötig, eine solche „Initiation“ nachzuholen, d. h. Empfindungen zu erleben, „die wir aus der Meditation, der Drogenerfahrung, der Poesie oder der Schizophrenie her kennen“; dies müsse allerdings erkämpft werden, denn vorläufig herrscht noch bei uns das kritisch-rationale Denken, dessen Geltungsbereich jedoch - so Duem - ständig kleiner werde6. Da wären Gegenargumente fehl am Platz, denn bei dieser Vernunftfeindlichkeit handelt es sich nicht um Wissenschaftskritik, sondern um etwas peinlich Existentielles: um die Hasstiraden eines Gescheiterten, der seine Minderwertigkeitsgefühle durch verbalen Nonkonformismus zu kompensieren versucht. Da es aber Duem einmal gelungen ist, im literarischen Betrieb eine bescheidene ökologische Nische zu finden, werden sicher noch bald andere Schiffbrüchige versuchen, sich auf ähnliche Weise zu profilieren. Was die nur scheinbar verschiedenen Spielarten des ethnologischen Irrationalismus dem ahnungslosen Anfänger versprechen, das ist eine besondere Art, dem Objektivitätsanspruch der Wissenschaft gerecht zu werden. Man geht davon aus, dass die Träger „alter und fremder Kulturen“ den Weg durch das Irrationale kennen, ja dadurch geprägt sind (was zumindest unbewiesen ist); die Europäer werden dagegen von der Vernunft beherrscht (was auch zu 6 Duerr, Hans Peter: Satyricon. Essays und Interviews. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1985, S. 69. 26