Liszka József (szerk.): Az Etnológiai Központ Évkönyve 2000-2001 - Acta Ethnologica Danubiana 2-3. (Dunaszerdahely-Komárom, 2001)

1. Tanulmányok - Van der Kooi, Jurjen: Határtörténetek - határokon átnyúló történetek

Meine Damen und Herren, diese 1938 von einem gewissen P.O. im 112. Jahrgang des Oldenburgischen Hauskalenders als wirklich geschehen dargebotene Geschichte (Van der Kooi — Schuster 1994, num. 121) ist in Wirklichkeit eine Variante einer Volkserzählung. Denn sie wurde, selbstverständlich mit anderen Akteuren, zumindest auch im niederländisch­deutschen Grenzbereich, in den Niederlanden und in Deutschland (Van der Kooi - Schuster 1993, num. 113), sowie in Rumänien (Ranke 1972, num. 92) so erzählt. Es ist offenbar eine seltene Geschichte, denn man findet sie in nur wenigen Sammlungen mit Volkserzählungen und, zweifelsohne von daher auch nicht in dem Katalog Types of the Folktale von Aame und Thompson (Aame-Thompson 1964) und anderen Katalogen von Volkserzählungen. Dieser Schein kann jedoch trügen. Erstens, ganz allgemein: das Sammeln und die wissenschaftliche Aufarbeitung schwankartigen und anekdotischen Erzählguts steckt, anders als das von märchen- und sagen­haftem, immer noch in den Kinderschuhen, und wir wissen noch herzlich wenig über Beliebtheit und Verbreitung von weitaus den meisten Erzähltypen dieser Kategorien. Etwas auch nur annähernd Sicheres lässt sich hierüber also nicht aussagen. Zweitens, im besonderen: wo diese spezifische Geschichte begegnet, scheint sie recht bekannt, nicht nur in der oralen Tradition, sondern auch als Kalendergeschichte und in der Mundartliteratur - wie wir wissen, zwei Textgruppen, die in enger Beziehung mit dem mündlichen Erzählgut stehen. Drittens: diese Erzählung steht nicht allein. Von den offensichtlich in vielen Grenz­gegenden beliebten Schmugglererzählungen - auch hier weisen Kalender und Mundart­literatur wieder den Weg (vgl. Van der Kooi 1985/86, 156-159) - findet man in den Samm­lungen und Arbeiten der Erzählforscher kaum einen Widerhall. Diese suchen das Zentrum, nicht die Grenzen. Volkserzählungen, namentlich Sagen und Märchen, sind, wenn schon nicht die liebsten, dann doch sicherlich die Lieblingskinder der Romantik. Seit den Brüdern Grimm sind sie, zuerst im deutschen Sprachgebiet, bald auch fast überall in Europa, eifrig gesammelt worden und in Einklang mit den romantisch-nationalistischen Prämissen der älteren Volkskunde / Folklore / Ethnologie vor allem gesichtet und gewertet worden als altes, wenn nicht uraltes, ethnisches, sprachliches, regionales oder lokales Erbgut. Das war lange so und das hat sich, sicherlich was Art und Weise ihrer Präsentation und Veröffentlichung betrifft, kaum geändert, wie Folgendes klarmacht. In der vollständigsten und aktuellsten Bibliographie der Volkserzählung, Hans-Jörg Uthers zweibändiger Katalog der Volkserzählung aus dem Jahre 1987, in dem die Spezialbestände der in dieser Hinsicht vier größten deutschen Bibliotheken, darunter die der Enzyklopädie des Märchens, ausgewertet sind, sind unter den Buchstaben A und B 415 ver­schiedene Sammlungen von irgendwann irgendwo in Europa im neunzehnten oder zwanzig­sten Jahrhundert aufgezeichneten Völkserzählungen aufgelistet (Uther 1987, 10-156). Diese Sammlungen lassen sich - ich muß zugeben, etwas vorläufig, denn nicht immer war der Buchtitel durchsichtig, und nicht jeden Titel habe ich einsehen können - in vier Kategorien einteilen. 194

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