Katholischen Gymnasium, Schemnitz, 1854

1 Ein Wort über die Gymnasialbildung, wie sie jetzt angestrebt wird. ä^te Bildung wird allgemein geschätzt und darum auch allgemein gesucht, so daß niemand roh und unwissend erscheinen will, wer nur regeren Geistes ist und durch sein äußeres Verhältniß einigermaßen begünstigt wird, sich Kennlniße zu erwerben und gefällige Sitten sich anzueignen. Der Boden, auf dem seit ei­nigen Jahrhunderten alle Kultur gestanden, aus dem sie hervorgesproßt, und mit dem sie in steter Verbindung gewesen ist, waren jene Bildungsanstalren, die auf Grund der Griechen und Römer mit dem Namen Gymnasien erbaut wurden. Der Saamen, der im Schooße der Kirche durch das heilbringende Licht des E- vangeliums belebt, zur gedeilichen Ernte herangewachsen ist, bat sich zwar später­hin in verschiedene selbstständige Zweige der Kunst und Wissenschaft entfaltet; je­der neue Aufschwung derselben ist jedoch durch die gelehrten Studien des Altber- thums emporgestiegen. Nachdem aber im Verlauf der Zeit die ehemaligen Ein­richtungen und Bildungszwecke dieser Lehranstalten den Anforderungen des Zeit­alters nicht genügten, hat die Weisheit der hohen Regierung, überzeugt von den ungenügenden Bildungsformen, das alte in ein neues Verhältniß zu dem fortschrei­tenden Zeitgciste und dringenden moralischen Bedürfniße gestellt. Die Gymnasien sind demnach in neuerer Zeit Lehranstalten höherer allgemeiner Bildung, welche ihre Zöglinge ebenso für die Fakultätsstudien, als für eine höhere Stellung und größere Wirksamkeit im praktischen Leben vorbereiten. Dieser Bestimmung zu­folge sind die Gymnasien nicht bloß wissenschaftliche, sondern auch moralische Bil­dungsanstalten. In ersterer Beziehung hat das Gymnasium seine Schüler zu einer allge­meinen, möglichst gleichmäßigen Bildung des Geistes zu erheben. Diese Bildung bestimmt nun nicht allein die Menge mannigfacher Kennrniße aus verschiedenen Gebieten des Wissens, sondern vielmehr jene durch eigene Bestrebung der Schüler erzielte Selbstthätigkeit des Geistes, daß er über den erworbenen Besitz der Kennt­liche frei gebieten kann. Die Hauptaufgabe der Lehrstoffe und der hiedurch zu erwerbenden Bildung mithin wird vorzugsweise auf den Gang der geistigen Ent­l *

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