Karl Alfred von Zittel: Handbuch der Palaeontologie. 1. Abtheilung, Paleozoologie. II. Band: Mollusca und Arthropoda (München und Leipzig, 1885)
V. Stamm. Mollusca, Weichthiere - B. Mollusca (s. str.) - 1. Classe. Lamellibranchiata. Blätterkiemener, Muscheln
Structur der Schale. 9 Auf der Innenfläche der Muschelschalen fallen zunächst die Eindrücke der grossen Schliessmuskeln (impressiones musciäares) in die Augen. Bei der Mehrzahl der Gattungen sind zwei Eindrücke, ein vorderer (adductor anterior Fig. 2 u. 4) und ein hinterer {adductor posterior) vorhanden, deren Grösse, Gestalt und Tiefe sehr verschieden sein kann. Wird der vordere Muskel sehr klein (Mytilus ), so erhält man die Gruppe der Heteromyaria ; verkümmert derselbe ganz, die der Monomyaria. Zuweilen kommen bei den mit zwei gleichstarken Muskeln versehenen Dimyariern besondere vorstehende Leisten oder Kalkblätter vor, auf denen sich die Muskelfasern anheften. Die M u s k e 1 e i n d r ü c k e werden im Innern der Schale durch die bereits S. 3 beschriebene einfache oder mit Bucht versehene Mantellinie verbunden. Ueber die Mikrostructur der Kalkschalen hat W. Carpenter 1) die eingehendsten Untersuchungen angestellt. Abgesehen von der Epidermis unterscheidet man zwei deutlich geschiedene Schichten : eine äussere prismatische und eine innere blättrige, die je nach den einzelnen Familien sehr verschieden gebildet und ausgedehnt sein können (Fig. 7). Fig. 7. Vertiealer Schnitt durch die Schale von Unio occidens. Die äussere faserigprismatische Schicht (cba ) bildet mehrere Absätze, welche die successive Entstehung der Schale veranschaulichen ; c' b' innere blättrige Schicht (stark vergr., nach Carpenter). Die äussere zellig-prismatische Schicht wird vom freien Saum des Mantels abgesondert und ist darum bei den Formen mit vollständig gespaltenen Mantellappen am stärksten entwickelt. Sie besteht aus dicht an einander gelagerten, jedoch seitlich nicht zusammengedrückten prismatischen Zellen oder Kalksäckchen , die senkrecht zur Oberfläche der Schale stehen und sich innerhalb einer sehr dünnen häutigen Membran entwickeln. Grösse, Dicke und Form dieser Prismen variiren ausserordentlich (Fig. 8). Viele derselben bewahren ihrer ganzen Länge nach gleichmässige Stärke, öfters schalten sich aber auch andere mit zuge*) Reports of the British association for the advancement of Sciences 1843 p. 71; 1844 p. 1—23; 1847 p. 93—107; ferner in Todd's „Cyclopaedia of Anatomy and Physiology 1 Shell'". Schöne Abbildungen auch in Nathusius - Koen igsborn, Nichtzelluläre Organismen etc. 1877.