Emerich Bielik: Geschichte der K. u. K. Militär-Seelsorge und des Apostolischen Feld-Vicariates (Wien, 1901)
I. Theil. Die militär-geistliche Hierarchie und die Militär-Seelsorge vor der Errichtung des Apostolischen Feld-Vicariates - 2. Capitel. Die militär-geistliche Hierarchie
21 § 2. Die Errichtung der Obersten Feldkaplanei 164S. Das Jahr 1643 war ein Wendepunkt in der Geschichte der militär-geistlichen Hierarchie. Kaiser Ferdinand III fand sich aus naheliegenden Gründen bewogen, den Jesuitenorden mit der Leitung der Militär-Seelsorge zu betrauen. Über sein Ansuchen übertrug Papst Urban VIII durch ein Breve vom 18. September 1643 an seinen Beichtvater die bischöfliche Jurisdiction über die kaiserliche Armee für die Dauer des Krieges hinsichtlich aller Personen »qui in castris degunt et castra sequuntur1)«. Von dieser Zeit an bis zur Aufhebung des Jesuitenordens haben stets die Beichtväter des jeweiligen Kaisers die geistliche Jurisdiction über die kaiserliche Armee ausgeübt. Sie residierten in Wien, erhielten ihre Bezahlung vom Hofe und führten den Namen Capellanus major castrensis. Zur Besorgung der Amtsgeschäfte wurde ihnen ein Hilfspriester aus der Gesellschaft Jesu beigegeben, welcher den Namen Generalstabs-Kaplan führte. Die jeweiligen Beichtväter des Kaisers Ferdinand IH, Leopold I und Joseph I (1643—1711) waren sehr einflussreiche Persönlichkeiten; ihre militär-geistliche Thätigkeit beschränkte sich aber nur auf Rathschläge in Betreff der Militär-Seelsorge und Übertragung der Jurisdiction auf ihre Stellvertreter, welche unter den Namen eines Superiors (auch Vicars, General-Vicars und Obristen Feld-Kapellans) die Leitung der praktischen Seelsorge besorgten und mit den weitestgehenden Ehrenrechten und Privilegien wie der Beichtvater selbst ausgestattet waren. Mitunter erhielten ’) Arch, des Apóst. Feld-Vicariates, vide Anhang.