Puskás Attila (szerk.): A Szent Titok vonzásában. A hetvenéves Fila Béla köszöntése - Studia Theologica Budapestinensia 32. (2003)

Fehér M. István: Pietismus und Hermeneutik

74 Fehér M. István eine Frömmigkeit des inneren Herzens, eine innere Wandlung der Seele.“ „Hans- Georg Gadamer hat später nicht selten die Meinung geäußert, daß seine Vage religiöse Veranlagung’ von ihr stamme. Damit meinte er wohl seine Empfindsamkeit für das, was die Grenzen der Vernunft und der Wissenschaft überschreitet [...]“. „Gern gestand Gadamer auch ein, daß sein eigener Begriff des Selbstverständnisses einen ‘pietistischen Unterton’ hat. Denn er ‘läßt anklin­gen, daß es dem Menschen eben nicht gelingt, sich selber zu verstehen, und daß über diesem Scheitern seines Selbstverständnisses und seiner Selbstgewißheit der Weg zum Glauben führen soll.’“16 Überdies ist es „bekannt, daß der Pietismus nicht wenige deutsche Philosophen geprägt hat, insbesondere Kant, aber auch Schelling, Hegel und gewissermaßen auch den katholischen Heidegger.“ 17 Auf das Pietistische bei den erwähnten Denkern eingehen, ist hier unmöglich. Ein knapper Hinweis sei immerhin erlaubt: wenn es von „Frömmigkeit des inneren Herzens“ die Rede ist, so kann man nicht umhin, darauf hinzuweisen, daß der späte Heidegger einmal sagte: „das Fragen ist die Frömmigkeit des Denkens“.18 Da Fragen für Heideggers hermeneutische Sehweise mit Philosophie gleichbedeutend ist (Philosophie ist “fragendes Erkennen“, heißt es in den frühen Vorlesungen19), so haben wir hier einen sozusagen handgreiflichen Beleg für einen nicht nur hermeneutischen, sondern gerade auch pietistisch- religiösen Philosophiebegriff. III. Franckes Anspruch oder gar Bestehen auf erbauliches Lesen und das Thema Erbauung, von Gadamer später als „erbauliche Anwendung“ angesprochen, wirkt offensichtlich bei Kant weiter. Kants Religionsauffassung ist moralisch aus­gerichtet, d.h. vor allem und ausschließlich praktisch; in diesem Sinne spricht er über „moralische Religion“.20 Diese ist für Kant „in der Herzengesinnung zu 16 Ebd., 20. 17 Ebd., 19. 18 Vorträge und Aufsätze (4. Aufl.), Pfullingen 1978, 44. 19 Vgl. Phänomenologische Interpretationen %uAristoteles (Anzeige der hermeneutischen Situation) (hrsg. H.-U. Lessing), in Dilthey Jahrbuchßir Philosophie und Geschichte der Geistesmissenschaften 6, 1989, 246. Siehe noch Phänomenologische Interpretationen %u Aristoteles. Einführung in die phänomenologische Forschung (Gesamtausgabe, Bd. 61, hrsg. W. Bröcker und K. Bröcker-Oltmanns), Frankfurt/Main 1985, 35. („Der feste Boden [...] liegt im Ergreifen der Fragwürdigkeit, d. h. in der radikalen Zeidgung des Fragens“), ferner Ontologie (Hermeneutik der Faktizität) (Gesamtausgabe, Bd. 63, hrsg. K. Bröcker-Oltmanns), Frankfurt/Main 1988, 17. („In der Fraglicheit und in ihr allein ist die Standnahme ergriffen, in der und für die es so etwas gegeben könnte wie: ein Ende »fest« machen [...]“). 20 KANT: Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft, Werkausgabe, Bd. VIII, 740.

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