Erdő Péter - Rózsa Huba: Eschatologie und Jahrtausendwende 2. Deutsch-Ungarischer Theologentag Budapest, 3. März 2000 - Studia Theologica Budapestinensia 26. (2000)

Martha Zechmeister: Apokalyptik: die unzeitgemässe Botschaft von der befristeten Zeit. Annäherungen über jüdisch inspirierte Philophen unseres Jahrhunderts

weiß sie darum, „daß keine innerweltliche Besserung ausreicht, den Toten Gerechtigkeit widerfahren zu lassen."12 13 Das, was Adorno - dem Ungläubigen - Respekt vor der Hoff­nung auf die Auferstehung abnötigt, bis dahin, daß er sie für die Hu­manität unverzichtbar erachtet, ist, daß sie eben nicht primär dem Bedürfnis nach Sicherung der eigenen Identität entspringt, sondern wesentlich als „Hoffnung für die anderen" bestimmt ist. In einem Brief vom 25. 1. 1937 schreibt er an Max Horkheimer: „Ich glaube, sie tun dem theologischen Motiv unrecht. Denn die verzweifelte Hoff­nung der Religion ... ist nicht die Sorge um das eigene Ich als viel­mehr die, daß man Tod und unwiederbringliches Verlorensein des geliebten Menschen - oder Tod und Verlorensein derer, denen Un­recht geschah, nicht denken kann. Ich kann nicht verstehen, wie man ohne Hoffnung für jene auch nur einen Atemzug zu tun vermöchte. Die Hoffnung gilt allein für die anderen und nie für die Hoffenden, und so, glaube ich, hält es auch die jüdische Theologie."14 Fast ent­schuldigend fügt Adorno in seinem Brief an Max Horkheimer, dem dieses Zitat entstammt, noch hinzu, daß es allein dieser winzige Zug an der Religion sei, der ihn in Bezug auf sie daran hindert, nicht alles dem Erdboden gleichzumachen. Ich habe den Umweg über jüdisch inspirierte Philosophen unse­res Jahrhunderts gewählt, um uns gleichsam in dieser Verfremdung mit Elementen zu konfrontieren, die für mich zum unverzichtbaren apokalyptischen Erbe gehören. Christliche Gottesrede, die glaubt sie ignorieren zu können, gefährdet ihre Identität und vor allem ihre hoffnungsstiftende Kraft. Diese Elemente theologisch, christologisch, soteriologisch durchzubuchstabieren ist m. E. eine Aufgabe, die noch vor uns liegt. Lassen sie mich zum Abschluß wenigstens versuchen, die Richtung des eben Gesagten noch einmal in ein paar unvollstän­digen Bemerkungen zusammenzufassen: Christliche Hoffnung ist nicht die pausbäckige Zuversicht, daß ohnedies alles irgendwie gut ausgehen wird, gleichsam die fromme Variante positiven Denkens, daß mir schon nichts zustoßen wird ­12 Th. W. ADORNO, Negative Dialektik, 371. 13 Th. W. ADORNO, Negative Dialektik, 378. 14 Brief vom 25.1.1937 von Th. W. ADORNO an M. HORKHEIMER, in: M. Horkheimer, Gesammelte Schriften, Frankfurt/M. 1995, 34f. 40

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