Erdő Péter - Rózsa Huba: Eschatologie und Jahrtausendwende 2. Deutsch-Ungarischer Theologentag Budapest, 3. März 2000 - Studia Theologica Budapestinensia 26. (2000)

Martha Zechmeister: Apokalyptik: die unzeitgemässe Botschaft von der befristeten Zeit. Annäherungen über jüdisch inspirierte Philophen unseres Jahrhunderts

kündigung leer und unser Glaube sinnlos. (1 Kor 15,14) Unmittelbar vor diesem Fundamentalsatz steht bei Pauls in eigenartiger Gegen­läufigkeit jedoch jene andere Aussage in deren Horizont sich das Be­kenntnis der Auferweckung Christi für ihn allererst erschließt: „Wenn es keine Auferstehung der Toten gibt, ist auch Christus nicht aufer­weckt worden." (1 Kor 15,13) Wenn es einen Grund christlicher Hoff­nung gibt, dann einzig den, daß Gott diesen zu Unrecht ermordeten Jesus von den Toten erweckt hat - doch in der Auferweckung des ei­nen gründet die Hoffnung auf die Auferweckung aller Toten. Und nur im Horizont dieser Hoffnung erschließt auch das Bekenntnis zur Auferweckung Jesu ihren Sinn. Dieser hermeneutische Horizont ist also nicht so sehr die indivi­duelle Sterblichkeitserfahrung und die Frage, was wird mit mir in meinem Tod?, als vielmehr der Schrei nach Gerechtigkeit für die un­gerecht Leidenden, für die, die unwiederbringlich zuschanden ge­kommen sind und unter dem Schutthaufen der Geschichte begraben liegen. Was wird mit ihnen? Es ist Theodor W. Adorno, den ich in diesem Kontext schließlich als dritten und letzten Zeugen apokalyp­tischen Denkens in unserem Jahrhundert einführen möchte. Er weist auf die seines Erachtens unversöhnbare Differenz zwischen der jü­disch-christlichen Hoffnung auf die Auferweckung und einer aus griechischer Metaphysik genährten Idee der Unsterblichkeit hin. Denn der Gedanke der Unsterblichkeit spiegelt für ihn letztlich doch bloß „die patzige Spießbürgerweisheit" wider: „Man bleibt doch im­mer noch, was man ist, ins Unendliche"10 11 Der Wunsch nach langem Leben wird in einer solchen Vorstel­lung gleichsam ins Unendliche verlängert und indem ein irgendwie Unzerstörbares im Menschen vorgegaukelt wird, bleibt die Rede von der Unsterblichkeit letztlich „eitel durch ihr unmäßiges Mißverhältnis zum Tod"11. Die Hoffnung auf die Auferweckung macht für Adorno demgegenüber radikal Ernst damit, daß - wenn es eine „Rettung des Hoffnungslosen" gibt - dies das völlig Unausdenkbare ist. „Negativ, kraft des Bewußtseins der Nichtigkeit, behält die Theologie gegen die Diesseitsgläubigkeit recht."12 Gegen alle Utopien des Fortschritts 10 Th. W. ADORNO, Negative Dialektik, Gesammelte Schriften Bd. 6, Frankfurt 1966, 364. 11 Th. W. ADORNO, Negative Dialektik, 370. 39

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