Erdő Péter - Rózsa Huba: Eschatologie und Jahrtausendwende 2. Deutsch-Ungarischer Theologentag Budapest, 3. März 2000 - Studia Theologica Budapestinensia 26. (2000)
Martha Zechmeister: Apokalyptik: die unzeitgemässe Botschaft von der befristeten Zeit. Annäherungen über jüdisch inspirierte Philophen unseres Jahrhunderts
gen den Strich zu bürsten"5, von der Benjamin in seiner VII. These spricht. Es gilt ihm das Paradox, das allein das Eingedenken der Abbrüche und Unterbrechungen die Geschichte als Kontinuum menschlicher Hoffnungsgeschichte zu retten vermag. Es bleibt jedoch die elementare Frage: Woher kommt Rettung? Denn, wenn wir nochmals zum Bild vom „Engel der Geschichte" zurückkehren: Besagt es nicht gerade, daß ihn der katastrophische Sturm hilflos vor sich hertreibt? Ist die Kraft des Eingedenkens nicht viel zu schwach, um der Katastrophe Einhalt zu gebieten? Welche Hoffnung kann denn eine solche Gerichtetheit der Geschichte freisetzen, die einzig in der Spur der Erschlagenen wahrnehmbar wird? Es drängt sich die Einsicht auf: Die Hoffnung, die hier freigesetzt wird, ist das genaue Gegenteil jenes oberflächlichen Optimismus, der darauf setzt, daß schon „immer alles irgendwie weitergeht" - vielmehr ist sie gerade die Hoffnung, daß es nicht so weitergeht. Aus der Perspektive der Bedrängten und der Opfer mit ihren „erschlagenen Hoffnungen" ist es die schlimmste aller Schrek- kensvisionen: „daß immer alles so weiter geht." Sie vermögen Rettung und Heil nicht als die Fortführung oder Überhöhung dessen, was ist, oder als Extrapolation vergangener und gegenwärtiger Erfahrung zu erwarten. Verheißungsvoll wäre eine solche Gestalt der „Hoffnung" höchstens für die Sieger. Die Hoffnung der Opfer - und der mit ihnen Solidarischen - kann sich nur im Schrei nach der rettenden Unterbrechung artikulieren; danach, daß es doch endlich aufhöre, immerzu so fortzugehen. Diese Hoffnung auf Unterbrechung ist es auch, die die scheinbar völlig widersinnige Hoffnung auf eine „Rettung des Hoffnungslosen" in sich schließt; auf die Rettung derer, die nach allen Regeln menschlicher Vernunft unwiederbringlich unter den Trümmer erschlagen liegen, für die alles aus und vorbei ist. 2. Apokalyptik: die Botschaft von der Zeit als Frist In diesem Kontext möchte ich einen weiteren jüdisch inspirierten Philosophen, nämlich Jacob Taubes (1923-1987) einführen. Er ist überzeugt, daß gerade in der europäischen Moderne das Erbe der Apokalyptik zum Durchbruch gekommen ist: „... die Bedeutung von Sein 5 W. BENJAMIN, GS 1/2, 696. 36