Willi Klinkhammer: Krankenhausseelsorge im staatlichen und kirchlichen Recht - Studia Theologica Budapestinensia 21. (2000)

2. Anthropologische und theologische Grundlegung der Seelsorge im Krankenhaus - 2b) Die Botschaft der Heiligen Schrift

Sie ist „in Rückbindung an Genesis 2 bis 3 eine Folge der Freiheit", die Gottes Schöpfung innewohnt und die er respektiert. Glaubte der alttestamentliche Mensch, daß die Prozesse von Krankheit und Heilung nicht vom göttlichen Wirken isoliert werden können,83 so war die Erfahrung der Krankheit auch immer eine „mögliche besondere Erfahrung mit Jahwe";84 es lag am Betroffenen, diese Erfahrung durchzustehen und in sein Leben zu integrieren. Dabei „ergibt sich der Umgang mit Jahwe aus dem Gebet in der Krankheit".85 Im Dialog mit seinem Gott suchte der Kranke Hilfe von dem, der „als Arzt schlechthin galt",86 vergleiche Exodus 15,26. Dieses „Hilfesuchverhalten" im Gebet ist das Thema vieler Kla­gepsalmen (die Pss 5 bis 7, 13, 17, 22, 25 bis 28, 31, 35 usf.);87 es sind „meist Privatgebete, in denen der Dichter von Jahwe die Befreiung aus seiner Not oder die Vergebung seiner Sünden erfleht".88 In diesen Psalmen stellt sich der Kranke, dessen Sozialgefüge und dessen Beziehungen infolge der Krankheit aus dem Gleichge­wicht kamen und sich geradezu ins Gegenteil verkehrten, der Selbst­prüfung.89 Eindrücklich schildern die Verfasser der Krankenpsalmen ihr Elend. Ihre Suche und ihr Wunsch nach Heilung ist umfassend, weil damit die soziale wie religiöse Rehabilitation zum Ausdruck kommt, und dies gehört charakteristisch zur besonderen Funktion der Kran­kenpsalmen.90 Neben dem sozialen Aspekt ist das Element der Klage, der „Ruf aus der Tiefe"91 konstitutiv für die Krankenpsalmen. „Die an Gott gerichtete Klage (ist...) ein legitimer und notwendiger Be­standteil des Redens zu Gott".92 Die alttestamentliche Tradition weiß um das Wechselgeschehen, das dialogische Geschehen zwischen Gott und Mensch, und so ist das erbarmende Handeln Gottes, „das sich 83 Vgl. Wolff, S. 218. 84 Richter, S. 12. 85 Ebd.. 86 Seybold, Heilung, S. 110. 87 Haag, Sp. 1424. 88 Vgl. Seybold, Heilung, S. 109. 89 Eine vollständige Auflistung bei Seybold, Gebet, und bei Haag, Sp.1424. 90 Vgl. Haag, Sp. 1424. 91 Vgl. hier: Westermann, Ruf, 575-581. 92 Ebd., S. 576. 27

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