Christian Kuhn: Die theologische Begründung des Kirchenrechts - Studia Theologica Budapestinensia 2. (1991)

2. Die heutige Diskussion

Begründung des kanonischen Rechts ausschliesslich von theologi­schen Erwägungen her möglich. Eine vornehmlich rechtsphilosophi­sche Begründung wird strikt abgelehnt und dem kirchlichen Recht eine Bedeutung gleichsam sue generis zugewiesen, — was bedeutet, daß es mit anderen Rechtsformen, wie etwa dem staatlichen Recht, vom We­sen her nicht vergleichbar ist. Diese sogenannte „Münchner Schule" stützt ihr Verständnis von Recht, Gesetz und Gemeinwohl im Hinblick auf das kanonische Recht auf die christliche Offenbarung. Damit erhält die Sicht der Kirche als Mysterium einen hervorragenden Platz in der Begründung des kano­nischen Rechts. Augabe dieser Arbeit wird es sein, den Ansatz und Begründungsweg dieser Schule sowie die einzelnen Positionen ihrer verschiedenen Ver­treter zu beschreiben und kritisch zu untersuchen; und außerdem dar­zustellen, wieweit von einem solchen Ausgangspunkt her die Kirchen­rechtsbegründung erfolgen kann, welches die philosophischen(3), bzw. theologischen Vorentscheidungen sind, die getroffen wurden, und welche Konsequenzen sich aus einem solchen Ansatz ergeben. In besonderer Weise ist nach der theologischen Grundoption dieser Schule zu fragen, die ja eine theologische Begründung des Kirchen­rechts unternimmt — und insofern eminent theologische Grundent­scheidungen trifft, die als solche den Ansatz bestimmen. Das bedeutet im Hinblick auf diese Schule nach ihrem ekklesiologischen Verständ­nis zu fragen, nach ihrer Bestimmung des Verhältnisses vom Absolu­ten zum Endlichen und nach ihrer Auffassung des Kontingenzprob­lems. Hier — in diesen Punkten — entscheidet sich ja grundlegend die Position dieser Schule, und hier wird sie auch zu befragen sein. RUOCO VARELA, ein prominenter Vertreter dieser Schule, hat dies selbst betont. Er ist sich „der Tatsache völlig bewußt, daß" er mit sei­nem Entwurf und der Entfaltung seines Ansatzes sowie seinem grundsätzlichen Standpunkt, „daß katholische Rechtstheologie in ih­rer primären und methodologisch maßgeblichen Form nur Theologie des Kirchenrechts ist und sein kann", „eine methodologische Vorent­scheidung getroffen worden ist, die nicht nur eine arbeitsmethodische, sondern auch eine fundamentaltheologische Bedeutung hat" 18

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