Folia Theologica 19. (2008)
Hegyi Márton: Internus homo - eigentliches Selbst
94 HEGYI, Márton die grundsätzlichen Fundamente, die in der Ontologie des Aristoteles erreicht wurden«, »erwuchs«.61 In der eben zitierten Fußnote gesteht Heidegger auch zu, dass, wie Thomas Rentsch formuliert, einige Kernanalysen von Paulus, Johannes, Augustinus, Luther und Kierkegaard den »Subtext« von „Sein und Zeit" bilden und dessen Grundbegriffe durchstimmen.62 Nun bleibt es aber dunkel, welchen Status diese »Subtexte« besitzen. Heidegger scheint zumindest die Absicht zu haben, die genannten »Subtexten« als bloße „Referenztexten" darzustellen, die die existenzialanalytischen Untersuchungen von ihrem Kontext her einfach besser verstehen lassen. Diese Selbstinterpretation Heideggers zeigt ganz deutlich an, dass es in seiner Denkphase zwischen 1921 und 1926 eine merkwürdige Entwicklung stattgefunden hat. Um die Schärfe dieser Entwicklung herauszuheben, muss noch mal darauf erinnert werden, dass Heidegger im Jahre 1920 zu dem Schluss kommt, dass die Tendenz, die eigentliche Dynamik des faktischen Lebens phänomenologisch auf die Selbstwelt zuspitzen zu lassen, eine Einseitigkeit sei, die zurückgenommen werden müsse. Untersucht man aber das erste Hauptwerk Heideggers, welches auch als eine Bekrönung seiner Denkphase zwischen 1919 und 1926 betrachtet werden kann, muss man feststellen, dass die Eigentlichkeit-Thematik ganz in Hinsicht auf den vom religiösen Kontext her stammenden Gedanken der zentralen Rolle der Selbstwelt entworfen wird. Die Umwelt ist nämlich in der existenzialen Analytik nur ein neutraler Bereich - man kann z. B. nicht „eigentlich" hämmern - und die Mitwelt ist von Anfang an der Diktatur der Öffentlichkeit unterworfen und die einzige „eigentliche" Möglichkeit des Mitseins besteht darin, dem Anderen in seinem existenziellen Seinkönnen vorauszuspringen, »nicht um ihm die „Sorge" abzunehmen, sondern erst eigentlich als solche zurückzugeben«,63 damit er auf sein Selbst bzw. seine Selbstwelt zurückverwiesen wird. Angesichts dieses Umstandes macht Heidegger dem Leser des „Sein und Zeit" schwer, die zugestandene ontische Verwur61 Sein und Zeit, 199. 62 „Sein und Zeit" / Fundamentalontologie als Hermeneutik der Endlichkeit, in Thomä, Dieter (Hg.), Heidegger Handbuch / Leben - Werk - Wirkung, J. B. Metzler, Stuttgart / Weimar 2003,57. 63 Sein und Zeit, 122. Vgl. GA 60, 292: »Mitweltliche Liebe hat den Sinn, dem geliebten Anderen zur Existenz zu verhelfen, so daß er zu sich selbst kommt«.