Folia Theologica 19. (2008)
Hegyi Márton: Internus homo - eigentliches Selbst
INTERNUS HOMO - EIGENTLICHES SELBST 93 4. Heideggers Verrechnung mit der phänomeno-theo-logischen Verfassung seiner frühen Phänomenologie in „Sein und Zeit" Im frühen Hauptwerk des Philosophen ist der folgende, bekannte Satz zu lesen: »Die existenziale Analytik ihrerseits aber ist letztlich existenziell, d. h. ontisch verwurzelt«.60 Dieser Satz kann nun auf zweifache Weise gedeutet werden und diese Zweideutigkeit versieht die ganze Daseinsanalyse mit einem Fragezeichen. Die erste mögliche Interpretation der von Heidegger hervorgehobenen existenziellen Verwurzelung ist eine „/ormaZ-hermeneutische", d. h.: Da die existenziale Struktur des Daseins niemals als solche, sondern ausschließlich in ihrem faktischen Vollzug, d. h. am jeweils faktischen Dasein, vorfindlich sei, könne die formale Struktur des Daseins nur von der faktischen Existenz abgelesen werden. Diese Deutung entspricht grundsätzlich der Selbstinterpretation Heideggers. Aber es gibt auch eine andere Interpretationsmöglichkeit des oben zitierten Satzes, die ich eine „materiell- hermeneutische" nenne und welche mehr oder weniger der Löwith- schen Heidegger-Lesung entspricht. Es heißt: Da auch der Philosoph eine faktische, d. h. „materiell" (inhaltlich) bestimmte Existenz habe, vermöge er sich in seiner existenzialen Analyse von seinem eigenen Existenzvollzug nicht frei zu machen und deswegen vermöge er die formale Struktur des Daseins als solches nicht „objektiv" zu beschreiben; es sei durchführbar, durch formale Anzeige die Struktur eines bestimmten Existenzvollzugs zu entwerfen, von diesem Entwurf aber sei es kein Übergang möglich zu einer ontologischen Interpretation des Daseins als solches. Diese Zweideutigkeit des zitierten methodischen Grundsatzes von „Sein und Zeit" ist eine bleibende: obwohl Heidegger den Versuch einer selbständigen phänomenologischen Begründung der Zugespitztheit der Faktizität auf die Selbstwelt, d. h. einen Versuch des phänomenologischen Aufweises der Eigentlichkeit macht, gesteht er gleichzeitig zu, dass die »in der vorstehenden existenzialen Analytik des Daseins befolgte Blickrichtung auf die „Sorge"« »dem Verf. im Zusammenhang der Versuche einer Interpretation der augustinischen - das heißt griechisch-christlichen - Anthropologie mit Rücksicht auf 60 Sein und Zeit, 13; Hervorhebung im Original.