Folia Theologica 19. (2008)
Kuminetz, Géza: Die Teilnahme des katholischen Menschen am öffentlichen Leben im Lichte der gesellschaftsphilosophie von Sándor Horváth O. P.
DIE TEILNAHME DES KATHOLISCHEN MENSCHEN 157 den der christlichen das heisst übernatürlichen Liebe und der Gerechtigkeit. Und besonders im Falle, wenn diese auch nur natürlichen Tugenden die Tätigkeit, Denkweise und Gefühlswelt des Politikers nicht durchdringen, wie wird er dann am Bau einer gerechteren und menschlicheren Gesellschaft teilnehmen, wie kann er dann z. B. den im Elend lebenden Menschen helfen? - stellt Horváth an den zeitgenössischen imaginären Durschnittspolitiker die Frage. Mit dem Üben dieser Tugenden gehorcht der im öffentlichen Leben teilnehmende Mensch dem Befehl Gottes. Ein weiterer Standpunkt ist es, dass das öffentliche Leben auch in jenem Falle nicht wirkungsvoll verwirklicht werden kann, wenn die Bürger nicht zuverlässig sind, und wenn sie dem gesetzbringenden Willen nicht folgen. Und auch das ist mit dem Glauben äusserst eng verbunden. Wo das öffentliche Leben von den Prinzipien des Glaubens gelöst worden ist, entziehen sich dort die Bürger gern der Erfüllung ihrer Verpflichtungen, was aufs neue die verschiedenen Formen der Gewalt oder des Zwangs stärken wird, etwa das Fanatisieren der Massen, ihr Bombardieren mit fortwährenden Versprechungen, damit die Macht dem Aufruhr, der Anarchie entgehen kann. Damit aber die Staatsbürger zuverlässig sein und ihren Pflichten treu nachkommen können, muss man sie zur Tugend erziehen, was am bestenn ausschliesslich der religiös-moralische Unterricht am besten sichern kann. Horváth knüpft übrigens jede Art von gesellschaftlichen Erneuerungen an diese Bedingung, namentlich daran, dass man den Bürgern (einschliesslich der Leiter!) die Regeln der moralischen Ordnung beib- ringen soll; ohnedies können wir trotz aller Erfolge über keine sehenswerte gesellschaftliche Entwicklung oder Entfaltung sprechen. Der Hüter und Entfalter des Gemeinwohles ist das moralische Gesetz, und der Glaubenssatz, nach dem derjenige, der der Macht folgt, Gott folgt. Heute müssen wir zufügen, dass die oben erwähnte Ehre nur der Macht gebührt, die die Gesetze Gottes respektiert. Zur gleichen Zeit gibt es ohne Liebe und Gerechtigkeit keinen Glauben, deshalb mischt sich der Glaube ins öffentliche Leben mit Recht ein, denn ohne ihn wird in der Gesellschaft kein gegenseitiges Verständnis und keine gegenseitige Liebe sein. Deshalb kann es Vorkommen, dass - „wo das öffentliche Leben auf ein Parteisystem aufgebaut ist, wo also die Interessen und nicht die moralischen Gesichtspunkte massgebend sind, und die Interessen leiten auch die Handlungen der Bürger, ist der Staat gegenüber z. B. den finanziellen