Folia Theologica 19. (2008)

Kuminetz, Géza: Die Teilnahme des katholischen Menschen am öffentlichen Leben im Lichte der gesellschaftsphilosophie von Sándor Horváth O. P.

156 KUMINETZ, Géza hungsweise mit Finten vom Furchterregen sowie mit wiederholten Versprechungen „Zusammenhalten". Nach den oben erwähnten ist es klar, warum das Moral und dessen Hüter ein spezifisches Mitbestim­mungsrecht und eine ebenfalls spezifische Mitbestimmungspflicht für das öffentliche Leben also für die Politik haben. Die Aussage, dass das Moral und sein Hüter ein geborenes und unveräusserliches Recht und ebenfalls eine geborene und unveräusserliche Pflicht haben, das öffent­liche Leben mitzubestimmen, ist nicht nur eine Philosophiethese, son­dern auch ein katholischer Glaubenssatz. Und zwar auf dem Grund, dass jede Macht von Gott kommt, zitiert Horváth den Apostel Paulus, „und deshalb müssen wir Katholiker mit unserer ganzen Glaubens­überzeugung bekennen, dass das staatliche, politische Leben nicht das Gebiet ist, wo das freie Gereisse oder das Faustrecht zur Geltung kommt, sondern dass das eine Lebenserscheinung von grosser Wich­tigkeit und Verantwortung ist, über die die Teilnehmer des öffentli­chen Lebens nicht nur dem Richter dieser Welt, sondern in erster Linie Gott Rechenschaft abzulegen haben".23 Der Christgläubige, der sich im Laufe seiner politischen Tätigkeit vom moralischen Leben löst, wird praktisch glaubensvemeinend. Das bedeutet die Lage von heute realis­tisch betrachtend, dass unter uns de facto viele ungläubige Katholiker leben, die sogar bewusst am kultischen Leben teilnehmen, aber ihre Lebensgefühle und Entscheidungen im wesentlichen nicht durch die Prinzipien des Glaubens bestimmt sind. Und das ist die Erscheinung, auf deren Gefahren der polnische Erzbischof Wyschynski im zweiten Vatikanischen Konzü auf besondere Weise aufmerksam gemachte hatte. Über das Gemeinwohl kann man wirklich objektiv, mit dem Aus­schluss der moralischen Ordnung keine wesentlichen Feststellungen machen. Die Quintessenz der politischen Klugheit besteht eben in der Anweisung des moralischen Gesetzes, das die Tätigkeit der Macht sozusagen legitimiert, und in den Bürgern Vertrauen erweckt. Die zwei Haupttragsäulen des christlichen Glaubens und Morals sind zur gleichen Zeit die Liebe und die Gerechtigkeit. Diese Tugenden verpflichten natürlich nicht nur die Christen, sondern ausnahmsweise alle Menschen, weil diese Tugenden auch in ihrem natürlichen Dasein existieren. Auf diese, als auf natürliche Gründe bauen sich die Tugen­23 Vgl. HORVÁTH, S., Hitvallás a politikában [Glaubensbekenntnis in der Poli­tik], in HORVÁTH, S., Katolikus közélet [Katholisches öffentliches Leben], Budapest 1928, 24.

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