Folia Theologica 19. (2008)
Kuminetz, Géza: Die Teilnahme des katholischen Menschen am öffentlichen Leben im Lichte der gesellschaftsphilosophie von Sándor Horváth O. P.
152 KUMINETZ, Géza infolgedessen stehen sie nicht unter Kontrolle und Sanktion des moralischen Gesetzes. Die Diskussion war noch nicht einmal abgeschlossen, als ein anderer Hauptgrund in der Person von Niccolo Macchiavelli erschien, der nicht nur einzelne Taten, sondern einen äusserst beträchtlichen Teil des menschlichen Lebens sowohl theoretisch als auch praktisch der Kontrolle und Aufsicht des moralischen Gesetzes entnahm. Er schreibt unter anderem, dass es im Privatleben verhältnismässig noch verständlich ist, wenn einer die Ehrlichkeit als einen wichtigen Standpunkt betrachtet, aber im politischen Leben - seiner Meinung nach - ist das ein unverzeihbarer Fehler. Nach Macchiavelli darf im politischen Leben nur ein Prinzip durchgesetzt werden, nach dem der Mass des Rechtes und des politischen Gutes ausschliesslich der Nutzen, der Erfolg ist. Ein richtiger Politiker darf also wegen seiner Glaubensprinzipien keine Besorgnisse hegen, er darf sogar seinen Glauben und sein Gewissen nicht einmal befragen, denn er muss so handeln, wie das ihm der augenblickliche Nutzen oder Erfolg erfordern. Das muss er sogar trotz der moralischen Gesetze tun, sonst wird er von den Rivalen zertreten. Macchiavelli schreibt natürlich nichts Neues, denn so was gab es früher auch bei den Machtsfaktoren, aber was in seiner Tätigkeit neu ist, dass er die Regeln der rohen Vorwärtskommens kodifizierte. Der Preis dessen wurde jedoch die offene Ablehnung der moralischen Prinzipien. Und die Politik ohne Moral macht die Menschen wirklich Feinde, wo der stärkere, raffiniertere und grausamere herrschen wird, aber so, dass er die anderen unterjocht, wortwörtlich unterkriegt; von denen aber er in der Tiefe seiner Seele Angst hat, und dieser Ckarakterzug hält ihn in einem ständigen Misstrauen. Die katholische Kirche dagegen hat in jedem Zeitalter verkündet, und verkündet es auch heute, dass die Prinzipien des Glaubens und Morals auch das öffentliche Leben durchdringen sollen. Der Glaube muss sich also sowohl in den Wissenschaften als auch in den Künsten und im öffentlichen Leben zeigen, denn der katholische Glaube ist to- talisierend, aber nie von totalitärer Wirkung; alles will er mit seinem Sauerteig durchdringen, der nicht zerstört, sondern reinigt und baut. Auch in der Zeit von Macchiavelli trat die Kirche mit diesen Gedanken auf, aber zur Antwort darauf erörterte Macchiavelli und nach ihrem Beispiel mehrere Philosophen die Idee vom allmächtigen Staatsgott, um endlich die Fesseln des sie „in Ketten" haltenden Morals abzuschütteln. Damit haben sie abgelehnt Gott zu dienen. Infolgedessen