Folia Theologica 16. (2005)

Philipp Ernst Gudenus: Klerikerzölibat im Wiederstreit

58 Ph. E. GUDENUS uns der Meinung von Stefan Heid anzuschließen: Wenn schon die Muttergottes und Jesus selbst enthaltsam lebten, wenn es in der Ur- kirche sogar enthaltsam lebende Witwen gab, ist es da so abwegig, sich vorzustellen, dass auch die Kleriker schon damals enthaltsam lebten8? 3. Rom hat die Forderung nach Enthaltsamkeit der Kleriker trotz aller Schwierigkeiten nie aufgegeben a) Kurzer historischer Überblick Es ist richtig, daß ein endgültiger dokumentarischer Beweis über die Praxis der Urkirche noch aussteht. Was wir haben, sind Indi­zien. Das erste bekannte Zölibatsgesetz stammt aus dem ersten Jahrzehnt des vierten Jahrhunderts: das Konzil von Elvira in Süd­spanien. ln seinem can. 33 werden alle clerici positi in ministerio, dh.alle, die am Altar dienen, dazu verpflichtet, sich ihrer Frauen zu enthalten und keine Kinder zu zeugen, bei sonstigem Ausschluß aus dem Klerikerstand9. Wie P. Erdö in seiner Geschichte der Kir­chenrechtsquellen anführt, wird die Zuordnung mancher Kanones des Konzils von Elvira voir einigen Autoren in Zweifel gezogen, weil die Kanonreihe stilistisch sehr heterogen ist10. Dennoch ent­spricht der Inhalt des Stoffes einer alten Tradition, die die Überlie­ferung dem Konzil von Elvira zugeeignet hat11. Weitere Gesetze wurden 390 im zweiten Konzil von Karthago beschlossen und in al­len weiteren afrikanischen Teilkonzilien zu Ende des vierten und zu Anfang des fünften Jahrhunderts regelmäßig wiederholt Auch in späteren Regionalkonzilien Spaniens und Galliens kommen ent­sprechende Bestimmungen regelmäßig vor. Noch bedeutender sind die Dekretalen der Päpste ab Ende des vierten Jahrhunderts. Und 8 Vgl. St. HEID, Grundlagen des Zölibats in der frühen Kirche, in Reihe Sinn und Sendung, Band 9, Der Zölibat des Priesters. Herausgegeben von Klaus M. BECKER und Jürgen EBERLE, St.Ottilien 1985, 45-71. 9 H.T. BRUNS, Canones Apostolorum et Conciliorum saec. IV-VI1, Berolini 1939, 5-6. 10 Vgl. M. MEIGNE: Concile ou collection d’Elvire? Revue d’histoire ecclésia­stique 70, Louvain 1975, 361-387. 11 P. ERDŐ, Az egyházjog forrásai, Budapest 1998, Deutsche Übersetzung Die Quellen des Kirchenrechts, Frankfurt am Main 2002, 31

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