Folia Theologica 16. (2005)

Philipp Ernst Gudenus: Klerikerzölibat im Wiederstreit

KLERIKERZOLIBAT IM WIDERSTREIT 57 1210), der in seiner um 1190 verfaßten Summa in Decretum Gratiani dessen Behandlung des Zölibats mit folgenden Worten einleitet: „In hac distinctione incipit (Gratianus) tractare specialiter de conti­nentia clericorum, scilicet quam debent observare in non contrahendo matrimonio et in non utendo contracto."5 In dieser ganzen Zeit der noch mangelhaften Priesterausbildung mußte die Kirche immer wieder auch auf verheiratete Männer zurückgreifen, um genügend Priesteramtskandidaten zu bekommen. Oft wird es sich dabei um Witwer mit schon erwachsenen Kindern gehandelt haben. Falls die Ehefrau noch lebte, war natürlich ihre Zustimmung erforderlich, da sie ja ein unverlierbares Recht auf den Vollzug der geschlossenen, unauflöslichen Ehe hatte. Es war erst das Konzil von Trient, daß durch die verpflichtende Einführung von Seminarien an allen Diöze­sen dafür sorgte, daß ab nun genügend geeignete ehelose Priester­amtskandidaten vorhanden waren, sodass ab der Neuzeit verheira­tet gewesene Männer nur noch in Ausnahmefällen geweiht wurden. d) Gegeneinwände Diese Auffassung der Ursprünglichkeit des Enthaltsamkeitszöli­bats wird immer wieder in Zweifel gezogen. Liegt es nicht viel nä­her, aus den Pastoralbriefen auf generell verheiratet lebende Kleri­ker zu schließen? Doch dieser Auffassung liegt die Annahme zu­grunde, daß Enthaltsamkeit nur Ehelose betrefffen könne - eine Meinung, die den nachtridentinischen Normalfall auf die Frühzeit der Kirche zurück-projiziert. Schon Papst Siricius argumentiert um das Jahr 386, das „unius uxoris vir" sei vom Apostel „propter futur­am continentiam" gesagt. Ebenso Papst Innozenz I. (401-417)6. Auch der Einwand, Paulus verweise in 1 Kor 9,5 auf Apostel, die auf ihren Reisen von ihren Frauen begleitet würden, trifft ins Leere. Paulus schreibt „Haben wir nicht das Recht, eine gläubige Frau mit­zunehmen, wie die übrigen Aposteln und die Brüder des Herrn und wie Kephas?" Die Schwester-Frau „ä5eX.7ifi yovfi" kann wohl kaum eine Ehefrau bedeuten7. Uns scheint es am naheliegendsten, 5 Dist. XXVII, diet. Introd. Ad v. quod autem -Vgl. Studia Gratiana. hrsg. v. J. FORCHIELLI und ALFONS M. STICKLER, I-III, Bologna 1953 ff. 6 Vgl. STICKLER, 24 und 65. 7 So argumentiert STICKLER op. cit. 67-68: Paulus hat das à8e7.7tf| wohl nicht ohne Absicht hinzugefügt, um jeden Zweifel auszuschließen, nämlich daß keine Ehefrau gemeint sei.

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