Folia Theologica 16. (2005)
Otto Schwankl: Monotheismus im Neuen Testament
158 O. SCHWANKL a) „Theozentrik": Jesu Gottesverkündigung Nach dem Zeugnis der Synoptiker ist mit dem Stichwort „Gottesverkündigung" das gesamte Wirken Jesu charakterisiert. Nach Mk 1,14 verkündet Jesus „die Heilsbotschaft von Gott" (tcripúaacov tó eùaYyéÀiov toû 0eoû). Alles, was Markus dann in seinem Buch erzählt, entfaltet nur dieses Summarium. Jesus tritt auf mit einer theo-zentrischen Botschaft: „Die Herrschaft Gottes ist nahe(gekom- men)" (Mk 1,15). Dabei ist das Motiv der Gottesherrschaft eine „traditionelle Idee"16 aus der alttestamentlich-jüdischen Glaubensgeschichte. Das bedeutet in unserem Zusammenhang zweierlei: Zum einen: „Der Gott des Evangeliums", den Jesus verkündet, „ist der Gott der Bibel, der Gott Israels"17, und nicht ein anderer, „fremder Gott" im Sinne Markions. Er ist „der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs" (Mk 12,26 parr), der sich und seinen Willen in „den Schriften" (Mk 12,24) bekundet hat, so daß Jesus daran erinnern und darauf verweisen kann (vgl. z.B. Mk 10,6f par - Gen 1,27; 5,2; 2,24 zur Frage der Ehescheidung, oder Mk 10,19 parr - Ex 20,12-16; Dtn 5,16-20 zur Frage nach dem Weg ins ewige Leben). Zum anderen ist er, als der Gott Israels, auch der einzige Gott. Selbst wenn kaum davon die Rede ist, bildet die Einzigkeit Gottes „die sachliche Grundlage der Botschaft Jesu"18. Immerhin kommt sie an zwei Stellen19 auch direkt zur Sprache: Auf die Frage nach dem größten Gebot verbindet der synoptische Jesus bekanntlich zwei alttestamentliche Stellen zum Doppelgebot der Gottes- und Nächstenliebe (Mk 12,30-31 parr: Dtn 6,5 und Lev 19,18). Bei Mk zitiert Jesus dabei aber auch das einleitende monotheistische Grundbekenntnis aus Dtn 6,4: „Höre Israel, der Herr, unser Gott, ist der 16 Vgl. H. MERKLEIN, Die Einzigkeit Gottes als die sachliche Grundlage der Botschaft Jesu, in: DERS.. Studien zu Jesus und Paulus (WUNT 105), Tübingen 1998, 154-173, hier bes. 155. 17 J. GNILKA, Zum Gottesgedanken in der Jesustiberlieferung, in: H.-J. KLAUCK (Hrsg.), Monotheismus (s. Anm. 14) 144-162, 151. 18 Vgl. H. MERKLEIN, Die Einzigkeit Gottes (s. Anm. 16) PASSIM (bes. 154 und 172). 19 Hinzunehmen könnte man noch Mt 23,9. wo Jesus den Gebrauch des Vater-Titels in der Gemeinde mit der Begründung abweist: „denn einer ist euer Vater, der himmlische“.