Folia Theologica 16. (2005)
Otto Schwankl: Monotheismus im Neuen Testament
154 O. SCHWANKT. direkt, bildhaft-metaphorisch, in Analogien und Projektionen aus unserer menschlichen Welt. Damit geraten wir aber in hermeneutische Grundsatzfragen, die wir nicht aufrollen können. Statt dessen müssen wir, wie jede Wissenschaft, von Axiomen ausgehen, die wir als gegeben voraussetzen. Zur Axiomatik der christlichen Theologie gehört der Kanon der biblischen Schriften, und zwar verstanden als ein vielstimmiges gemeinsames Zeugnis. Die Art, wie die Bibel von Gott redet, ist für uns gültig und mustergültig. Zur Axiomatik der christlichen Theologie gehören aber auch die kirchlichen Lehrentscheidungen, die wir „Dogmen" nennen; und zu ihnen zählt nicht nur das von der Einheit und Einzigkeit Gottes, also der „Monotheismus"5, sondern, als dessen Erläuterung, auch das christologische und das trinitarische Dogma. Für den Bibiiker kann es also, wenn er den Monotheismus ins Auge faßt, nicht darum gehen, die spätere Christologie und Trinitätslehre zu revidieren. Aber der Exeget kann methodisch davon absehen und die biblischen Texte unabhängig davon auf monotheistische Aussagen befragen. 1. Zum neutestamentlichen Gesamtbefund a) Das Erbe Die Frage nach dem Monotheismus im Neuen Testament läßt sich im ersten Anlauf einfach beantworten: Alle neutestamentlichen Autoren stehen auf dem Boden des monotheistischen Bekenntnisses, das im vor-neutestamentlichen Judentum bereits klar ausgebildet war6, und übernehmen es „als festes Traditionsstück"7 des jüdischen Erbes. Der Gott des Neuen Testaments ist der Gott 1s5 Zum Begriff vgl. F. STOLZ, Einführung in den biblischen Monotheismus (Die Theologie), Darmstadt 1996, 4f; H.-J. KLAUCK. „Pantheisten, Polytheisten, Monotheisten " — eine Reflexion zur griechisch-römischen und biblischen Theologie, in: DERS., Religion und Gesellschaft im frühen Christentum. Neutestamentliche Studien (WUNT 152), Tübingen 2003, 3-53, 5. 6 Vgl. H.-J. KLAUCK, „Pantheisten“ (s. Anm. 5) 4L 7 J. SCHMID, LThK 2VII 569.